Im Normalfall geht man davon aus, dass die Schulleistung dem Intelligenzniveau des Kindes entspricht. Ein intelligentes Kind hat durchweg gute bis sehr gute Noten mit kleinen Abweichungen je nach Begabung oder persönlicher Neigung. Im umgekehrten Fall würde keiner von einem wenig begabten Kind ein Einser-Zeugnis erwarten.
Hat ein normal begabtes oder recht intelligentes, ja sogar hochbegabtes Kind aber erhebliche Schwierigkeiten beim Lesenlernen, in der Rechtschreibung oder beim Rechnen, entspricht dies nicht seiner zu erwartenden Leistung bzw. seinem Gesamtniveau. In diesem Fall liegt zumindest schon mal eine Teilleistungsschwäche vor.
Man unterscheidet zwischen Teilleistungsschwächen und Teilleistungsstörungen.
Diese Abgrenzung ist sehr wichtig für den Nachteilsausgleich in der Schule, denn diesen erhalten allgemein nur Kinder mit einer Teilleistungsstörung, also einer diagnostizierten Legasthenie oder
Dyskalkulie, wobei in Schleswig-Holstein nur den Legasthenikern ein Nachteilsausgleich gewährt wird.
Es existiert bislang leider keine allgemein gültige Definition. Als sehr anerkannt gilt aber die Diskkrepanzdefinition, die ich auch für am besten nachzuvollziehen halte und im folgenden kurz erklären werde:
Um herauszufinden, ob es sich um eine Schwäche oder Störung handelt, muss zum einen ein Intelligenztest und zum anderen ein Test in dem problematischen Bereich durchgeführt werden, also z.B. ein Lesetest. Weicht das Ergebnis des Lesetests im Vergleich zum ermittelten Intelligenzquotienten um mindestens 1,5 Standardabweichungen nach unten ab, liegt die Leseleistung deutlich unter dem Gesamtniveau des Kindes. Damit liegt eine Teilleistungsstörung vor. Liegt die Abweichung bei weniger als 1,5 Standardabweichungen, liegt bloß eine Teilleistungsschwäche vor.
Zum anderen wird davon ausgegangen, dass eine Störung nicht durch schlechten Unterricht oder lange Fehlzeiten entstanden ist. Eine Schwäche hingegen kann darin ihren Ursprung haben und wird sich dann durch viel Üben oder einen neuen Lehrer wieder geben.
Kinder, deren Teilleistung aufgrund einer Seh- oder Hörbehinderung schwach ist, haben per Definition auch keine Teilleistungsstörung, sondern nur eine Schwäche.
Es gibt aber natürlich auch Kinder, die zwar nach dieser (recht willkürlich gezogenen) Grenze "nur" eine Schwäche haben, aber trotzdem Lerntherapie benötigen. Vielleicht sind sie nur knapp an einer Störung vorbeigeschrammt mit einem Wert von 1,4 Standardabweichungen- dieses Kind hat sicherlich auch große Probleme. Außerdem muss man bedenken, dass es mit einem IQ-Wert von vielleicht nur 2 Punkten mehr schon eine Störung gehabt hätte- bei derselben Leistung in dem Problemfach.
Sie sehen schon: Die Abgrenzung erscheint manchmal etwas willkürlich, aber die Grenze musste schließlich irgendwo gezogen werden. Es gilt aber: Egal ob Störung oder Schwäche, ob intelligent oder lernbehindert- existiert ein großer Leidensdruck, helfen Üben bzw. Nachhilfe nicht oder ist das Kind genetisch vorbelastet, braucht das Kind Hilfe und eine ihm angemessene individuelle Förderung. Diese bietet ihm am allerbesten die integrative Lerntherapie!