Am Montag, dem 5. Februar zogen wir mittags in unser altes Hostel von vor drei Wochen im Zentrum um, da uns vier Tage in dem ruhigen Stadtteil und der kleinen Pension reichten und wir dort nicht viel tun konnten. In dem anderen Hostel ist durch den regen Backpackerbetrieb einfach etwas mehr los. Nils hatte per Whatsapp den einen Angestellten Carlos kontaktiert und wieder das tolle Zimmer von neulich sowie für die Kinder ein schöneres Zimmer (mit Fenster) organisieren können. Der Hostelbesitzer in Miraflores verabschiedete sich herzlich von uns und brachte uns sogar zum Taxi. Als wir 30 Minuten später im Backpackerhostel standen, wusste der Angestellte an der Rezeption erst nichts von unserer Reservierung und Carlos war nicht da. Aber auf einmal war dann doch nach näherem Gucken im Computer alles in Ordnung und wir konnten unsere Zimmer beziehen. Puh, Glück gehabt. Sonst gibt es dort fast nur Riesendorms mit zehn und mehr Betten.
Wir meldeten uns spontan alle zu einem Chocolate Workshop an, der um 15.00 bei einer supernetten neuen Angestellten (Patty) stattfand. Zur Enttäuschung der Kinder wurde jedoch nicht Schokolade hergestellt, sondern aus Kakaobohnen, die von uns geröstet, gepellt und unter großer Anstrengung im Mörser zu aromatischem Pulver verarbeitet wurden, gewannen wir unter Zugabe von heißem Wasser, Zucker und etwas Milch ein Kakaogetränk, das die Kinder nicht mochten. So hatten wir Eltern mehr. Auch nicht schlimm😉!
Anschließend kamen wir mit Stan, einem in Frankreich lebenden jungen Australier, ins Gespräch, der zwei Jahre lang reist. Um Gottes Willen! Uns reicht es jetzt schon langsam. Reisen ist auch
anstrengend, natürlich auf eine andere Art, als jeden Tag zu Hause den Alltag abzuspulen. Als Ingenieur bei Caterpillar in Montpellier musste Stan dann aber aufhören zu arbeiten. Sabbaticals sind
in Frankreich nicht sehr üblich.
Im Foyer lernten wir dann noch eine 20jährige Hannoveranerin (Melina) kennen, die Lima ganz furchtbar findet, da sie als junge blonde Alleinreisende hier wohl ziemlich viel Beachtung bei der
hiesigen Männerwelt findet und sich belästigt fühlt. Insofern schleppten wir sie daraufhin mit zum Abendessen in die nahe Fressmeile, damit sie nicht alleine durch Lima laufen muss. Dort stieß
noch zufällig Stan zu uns, und bei sehr lauter Geräuschkulisse und Fast-Food-Atmosphäre nahmen wir ein geselliges Abendessen (wir Sushi, die Kinder Pizza und Burger) zu uns.
Die nächsten Morgende nahmen wir stets an einer Yogastunde bei Patty teil. Sie fand auf einer Dachterrasse statt, die wir drei Wochen zuvor in dem weitläufigen Haus gar nicht entdeckt hatten. Am Dienstag mussten wir uns daraufhin etwas beeilen, denn für um 12.00 waren Nils und Melanie zum täglich angebotenen Cevichekochen bei dem hiesigen Küchenchef angemeldet. Romy machte auch mit. Nach einem Einkauf auf dem ein paar Blocks entfernten Markt durften wir zu zwölft 48 peruanische Zitronen rollen und auspressen, Zwiebeln schnippeln, Koriander zupfen u.ä. Währenddessen lief im Fernsehen tatsächlich die Übertragung des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft 2014, bei dem Deutschland hochdramatisch gegen Argentinien gewann. Warum tut man sich in Südamerika das an, fragten wir uns. Ceviche, also roher in Zitronensaft eingelegter Fisch mit Zwiebeln ist nicht jedermanns Sache, aber eine Spezialität in Süd- und Zentralamerika, die angeblich aus Peru stammt. Uns schmeckte sie jedenfalls sehr gut.
Nach einer kurzen Ruhepause kochten wir schon am späten Nachmittag Spaghetti, denn die Kinder hatten natürlich schon großen Hunger. Während des Essens im Aufenthaltsraum-Speisesaal-Barbereich wurden wir angesprochen, ob wir ab 20.30 mitmachen wollen beim Pisco Sour-Herstellen. Meine Güte, das Programm hier artete ja langsam in Freizeitstress aus! Aber warum eigentlich nicht? Also nahmen wir auch noch daran teil, natürlich mit Romy im Schlepptau, die sich sonst hier langweilen würde. Die anderen langweilten sich zwar auch, aber das zogen sie unserer Gesellschaft trotzdem vor, schließlich ist es ja in ihrem Alter peinlich, sich freiwillig in Gesellschaft der Eltern zu amüsieren.
Am Mittwoch gingen wir nach der Yogastunde und Schularbeiten alle mittags los zum Markt. Da wir dort keine Kapern bekamen, marschierten wir noch weiter zu einem Supermarkt, sodass wir
anschließend knapp 2 km bei stechender Sonne zurückgehen mussten. (Der Februar ist der wärmste Monat in Lima, hatten wir erfahren. Es war tatsächlich deutlich heißer als neulich.)
Nachdem wir gekocht und gegessen hatten, fand abends auf der Dachterrasse ein Barbecue statt. Geworben wurde mit Würstchen und Spießen, sowohl aus Fleisch oder vegetarisch. Es gab jedoch leider
doch nur Fleisch, aber immerhin die Mädchen ließen es sich schmecken. Ab 20.00 gab es dann noch eine Salsa-Übungsstunde, auch auf der Dachterrasse. Melanie war so kühn gewesen, sich dazu spontan
einzutragen. Geleitet wurde sie von Melissa, einer jungen lustigen Salsalehrerin, die aus Martinique stammt, in Paris aufgewachsen war, in Madrid studiert hat und seit Jahren in London lebt,
sodass sie perfekt drei Sprachen spricht. Im Rahmen ihrer Reise arbeitet sie hier im Hostel ein paar Wochen.
Nils beobachtete unsere Tanzversuche zunächst amüsiert, wurde aber ab den Paarchoreographien von Melissa dazu verdonnert, mitzumachen, da ein Herr fehlte. Zu früh gefreut! Er hielt sich aber ganz
gut.
Am Donnerstag verlängerten wir um einen Tag bis Samstag. Ursprünglich wollten wir die Kinder mit ein bis zwei Nächten in einem tollen Hotel als Reiseabschluss überraschen, aber hatten keine
rechte Lust, schon Freitag umzuziehen, da wir uns in dieser ungezwungenen Backpackeratmosphäre zwischen jungen entspannten Leuten und in diesem schönen alten Haus mit unserem tollen Zimmer sehr
wohl fühlen. So ein piekfeines Hotel wäre da schon ein krasses Kontrastprogramm.
Wir gingen mittags los in Richtung Fußgängerzone auf der Suche nach einem Restaurant. Es gibt hier im Zentrum keine gute Auswahl, sondern nur einheimische Küche, und so landeten wir in einem
vollen, schick hergerichteten Mittagstischrestaurant, dessen Essen leider mit Fertigsaucen gekocht wurde und deshalb nicht gut schmeckte.
Zurück im Hostel hatte die nette Angestellte Patty extra ihre Tochter Flavia mitgebracht, damit sie und unsere Mädels sich kennenlernen. Zoe und Romy freuten sich sehr, und da Flavia und Zoe sich
auf Englisch ganz gut unterhalten konnten, hatten sie schöne Stunden mit Tischkickern und Mädchenthemen;-)
Abends gingen wir spontan unten in die imbissmäßige Pizzeria "Fast Pizza", die wir ohne den damals kranken Nils schon bei unserem ersten Aufenthalt ausprobiert und für mittelmäßig befunden
hatten. Es riss uns auch jetzt nicht vom Hocker, aber die Kinder hatten eben Hunger und hier gibt es halt nichts außer der Fressmeile und diesem Pizzaimbiss.
Freitag nach der Yogastunde verlängerten wir spontan bis Sonntag, da wir Erwachsenen keine Lust mehr auf die Sucherei und den Umzug in ein feines Hotel hatten, wenn wir uns hier so sauwohl fühlen. Den Kindern wollten wir als Überraschung ein besseres Zimmer buchen mit einer Ausstattung wie unseres, denn wir hatten hier gestern noch ein zweites entdeckt, aber es war leider ausgebucht. Schade, das hätten wir ihnen gegönnt, da sie ständig über ihr simpel ausgestattetes Zimmer meckern.
Nach einem Einkauf auf dem Markt und einem leckeren selbstgekochten Mittagessen (Thunfisch mit Kartoffelbrei) machten wir uns auf zu einem Franziskanerkloster direkt hinter dem Hauptplatz Plaza de Armas. Die Papstdekoration auf der Plaza war inzwischen wieder abgehängt worden. Das Monasterio de San Francisco ist ein altes Gemäuer direkt neben der zugehörigen prachtvollen Kirche, welches in uns ein Gefühl wie im Film "Der Name der Rose" heraufbeschwor. Das Kloster ist berühmt für seine Bibliothek mit 25.000 alten Büchern in verschiedenen Sprachen, z.B. Latein, Deutsch und sogar Quechua. Die Bibliothek wirkte wie aus der Harry Potter-Geschichte. Unter Glas lagen besonders wertvolle riesige Exemplare aus, deren Seiten auf Latein handbeschrieben waren, mit aufwändig verschnörkelt gestalteten Anfangsbuchstaben und Ornamenten. Wahre Schätze!
Ein weiteres Highlight, für das das Kloster bekannt ist, sind die Katakomben mit tausenden von Gebeinen. Sie sind ein wahres Labyrinth an niedrigen Gewölben mit runden Decken wie in Weinkellern,
allesamt erdbebensicher dank speziellem Mörtel. Seit 1546, solange das Kloster und die Kirche bestehen, gibt es diesen ältesten Friedhof Limas unter der Kirche, da ja damals unter den heiligen
Stätten der begehrteste Platz war. Bis 1822 wurden dort Menschen bestattet, anschließend gerieten die Katakomben bis 1947 in Vergessenheit. Da man nach dem Fund ermitteln wollte, wieviele
Menschen hier ihre Ruhe gefunden hatten, sortierte man die Knochen. So liegen heute entlang vieler Gänge in bis zu 4m hohen Schächten meterhohe Sammlungen an zumeist Schädeln oder
Oberschenkelknochen. Es gab auch Gänge mit Kreuzbeinen, Becken oder Kinderschädeln und -oberschenkelknochen. Die anderen Knochenarten bekamen wir nicht zu Gesicht, vermutlich liegen sie in den
anderen vier Geschossen darunter (!), die wir nicht besichtigten. Insgesamt liegen dort unten die Gebeine von ca. 26.000 Menschen.
Ein Gang vor dem Katakombeneingang war zugemauert worden, als Peru mit Chile im Krieg lag. Er führte ursprünglich hinüber zur Kathedrale und dem Regierungspalast an der Plaza de Armas einen Block
weiter. Aufgrund der politischen Umstände mauerte man den Zugang dorthin vorsichtshalber zu.
Abends gab es wieder ein Barbecue auf der Dachterrasse, diesmal mit Hot Dogs, Hamburgern oder den hier typischen blassgelben Maiskolben. Wir unterhielten uns lange mit einem jungen argentinischen Pärchen, während Romy mit einem netten walisischen Pärchen bis halb elf Tischtennis spielte.
Am Samstag brachte Patty wieder ihre Tochter mit, sodass die Mädels den Vormittag über beschäftigt waren. Nachmittags fuhren wir mit einem Taxi nach Miraflores, da wir dort in dem klasse
vegetarisch-veganen Restaurant unser Abschiedsessengehen machen wollten. Die Kinder freuten sich, da das Essen dort lecker war und es sogar Pizza sowie Nachtisch gab. Anschließend bummelten wir
noch kurz durch das Zentrum von Miraflores rund um den Kennedy-Park, wo sich Restaurants, Fast-Food-Ketten, Hostels und Geschäfte aneinanderreihen.
Am Sonntag, dem 11. Februar ist nun endlich der Tag unserer Abreise. Wir freuen uns alle auf Zuhause. Nicht nur dass es schön ist, Verwandte und Freunde wieder zu sehen, auch sind wir
des ewigen Reisens langsam überdrüssig. Es ist nicht nur auf seine Art anstrengend, auch freuen wir uns auf die heimische Küche und sortierte saubere Städte mit fertigen Häusern mit ansprechender
Fassade, so merkwürdig das klingen mag. Nach einer gewissen Zeit brauchten wir wieder "was für's Auge", haben wir gemerkt, und nur die tollen Landschaftspanoramen sowie Cuzco's Altstadt halfen
zuletzt unserem Sinn für Ästhetik über diese Durststrecke hinweg.
Nach dem morgendlichen Programm mit Yoga und Frühstücksbuffet checkten wir um 12.00 aus und stellten unsere Rucksäcke in einem eigens dafür vorgesehenen Raum unter. Während des Packens fand Zoe
ihre Kopfhörer wieder, die seit dem Flug nach Bogotá verschollen waren. Sie hatte geglaubt, dass sie beim Auseinanderpflücken ihres Rucksacks bei der Gepäckkontrolle abhanden gekommen waren. Nun
war sie sehr glücklich!
Melanie hingegen stellte beim Packen fest, dass ihr Portemonnaie fort war, zum Glück nur mit etwas Bargeld. Zuletzt hatten wir es am Vorabend im Rezeptionsbereich gehabt. Glücklicherweise war es
von einem ehrlichen Gast an der Rezeption abgegeben worden, auch die 330 Soles waren noch da!
Nachmittags gingen wir nochmal in der Fressmeile des nahen Einkaufszentrums essen und hielten uns ansonsten im öffentlichen Bereich des Hostels auf. Um halb sechs nahmen wir ein Taxi zum Flughafen. Um 21.05 soll unser Flug via Amsterdam starten. Mal sehen, ob wir diesmal pünktlich abfliegen können. In Amsterdam haben wir nur 80 Minuten Zeit zum Umsteigen... Wird schon klappen!
Auf gen Hamburg!!!