Am Mittwoch, dem 31. Januar sollte um 19.50 unser Flug in Juliaca gehen, der Shuttle holte uns fast pünktlich zehn vor fünf ab, da wir um 17.45 am eine Stunde entfernten Flughafen sein sollten. Der Shuttlebus gurkte solange im Feierabendverkehr mehrfach im Kreis durch Puno, um teilweise recht unorganisierte Leute einzusammeln, dass wir erst nach fast einer Stunde überhaupt losfuhren! So kamen wir erst nach halb sieben am Flughafen an. Der Check-In-Schalter von diesem modernen und schicken Winzflughafen mit zwei Gates war zum Glück leer. Die nette Dame erzählte uns dann, dass unser Flug verspätet sei und erst um 21.35 statt 19.50 fliege. Das kannten wir ja nun schon! Aber wenigstens hatten wir jetzt genug Zeit und setzten uns auf die einzigen Bänke weit und breit neben einem Café.
Nach dem Durchgehen ins Gate wurden wir von einigen freundlichen Stewardessen oder Flughafenangestellten gefragt, ob wir mit ihnen für ein Foto posieren würden. Es sollte wohl Werbung für Juliaca werden, und so posierten wir ironischerweise mit hippen apfelgrün-weißen "I love Juliaca"-Schildern für diesen furchtbaren Ort.
Nachdem alle Passagiere nach der Bordkartenkontrolle mit Pollo-Empanadas, also typischerweise mit Huhn gefüllten warmen Teigtaschen, und Getränken versorgt worden waren und alle nochmal Platz
nehmen durften, wurden wir pünktlich ins Flugzeug gelassen, saßen dann aber noch eine dreiviertel Stunde auf unseren Plätzen, bis um 22.00 Uhr endlich das Flugzeug startete. Der Pilot gab Gas und
holte etwas Zeit auf, setzte schon um 23.15 zum Landen an, gab jedoch auf einmal wieder kräftig Schub, sodass es uns unerwartet in die Sitze drückte, und zog hoch. Die Landebahnen waren voll. So
durften wir noch ein paar Schleifen über dem Pazifik drehen, bevor wir 25 Minuten später endlich landeten, und hatten erst um kurz vor zwölf unser Gepäck. Uns fiel sofort auf, dass die wartenden
Leute von hier viel dünner angezogen waren als in Cuzco und am Titicacasee, und sogar um diese Uhrzeit leichteste Sommerkleidung trugen.
Nach den üblichen Verhandlungen mit einer Horde von Taxifahrern fuhren wir schließlich für die Hälfte des völlig überzogenen Erstgebotes über eine halbe Stunde lang zu unserem Hostel im
Touristadtteil Miraflores. Es ist der wohlhabendste und ungefährlichste Stadtteil Limas direkt am Strand, und die meisten Limabesucher steigen hier ab.
Gegen viertel vor eins klingelten wir und bekamen zum Glück sofort die Tür geöffnet. Zuerst waren wir über die sehr altbackene Einrichtung aus den 60er Jahren etwas erschrocken, da die Fotos auf
Hostelworld so geschickt gemacht waren, dass es dort viel moderner wirkte. Am nächsten Tag hatten wir uns jedoch dran gewöhnt und schätzten die Vorzüge: alles sehr sauber und gepflegt, kein alter
Geruch, recht neue Bäder, ein sehr netter und auskunftsfreudiger Besitzer, ein gutes Frühstück und tägliche Zimmerreinigung wie im Hotel.
Am Donnerstag erkundeten wir nachmittags anhand einer Straßenkarte von Miraflores den Stadtteil, nachdem der Hostelbesitzer uns eine Stunde lang mit Tipps versorgt und Routen eingezeichnet hatte.
Er sprach neben Spanisch ausgezeichnetes Englisch, außerdem etwas Deutsch, Französisch, Italienisch und Serbisch und ratterte alle Öffnungszeiten seiner Tipps (Restaurants, Supermärkte,
Sehenswürdigkeiten) in einem Affenzahn runter. Bemerkenswert!
Wir durchstreiften die Haupteinkaufsstraße, setzten uns eine Zeitlang an den steinigen Surferstrand, über dem viele Paraglider schwebten, und gingen in einem sehr guten Fischlokal essen. Auf dem
Rückweg wären wir, an einer Ampel wartend, fast um Haaresbreite von einer großen Stabtaschenlampe, bestückt mit großen Batterien, getroffen worden, die offensichtlich aus dem 4. Stock eines
Wohnhauses gefallen war (dort stand jemand auf dem Balkon und schaute zu uns runter) und krachend auf dem Bürgersteig auseinanderbrach. Wir erschraken ziemlich und waren froh, dass diesmal,
anders als bei der platzenden Flasche, niemand getroffen worden war, weder von der Taschenlampe direkt (Auweia!) noch von den Splittern. Das hätte auch schiefgehen können!
Nach fünf Stunden waren wir wieder zurück und gingen recht früh schlafen wegen der letzten Nacht.
Am nächsten und übernächsten Tag unternahmen wir nicht viel und gingen nur im fußläufig erreichbaren Zentrum von Miraflores, in dem es viele Restaurants und sogar teure Spielcasinos gibt, etwas
essen. Außerdem sahen wir uns zwei Hostels an, um nicht elf Nächte in demselben Hostel zu verbringen. Das eine reizte uns besonders, da es über einen Pool verfügte. Leider nahmen sie dort keine
Kinder auf, was wir ziemlich schade fanden. Das andere war doch etwas zu teuer. Beide Tage aßen wir recht günstig und sehr lecker bei einem Araber, wo es ziemlich große Portionen gab. Beim ersten
Mal hatten wir deshalb zuviel bestellt, und Ian, der auch noch Romy's Portion aufaß, überfraß sich offensichtlich etwas, denn am späten Abend musste er sich tatsächlich übergeben. Wir
befürchteten natürlich, er sei krank, aber am nächsten Morgen ging es ihm wieder gut. Den Tag hatte er merkwürdigerweise keinen rechten Appetit mehr auf Falafel ;-)
Miraflores ist übrigens ganz anders als das Zentrum, in dem wir letztes Mal gewohnt hatten. Es ist deutlich zu merken, dass hier die Leute mit mehr Geld wohnen. Die Straßenzüge sehen
ordentlicher und sauberer aus, die Häuser sind fertig gebaut, verputzt und sind oft recht schmuck mit kleinen Vorgärten. Die Parks sind gepflegt und mit schicken Spielplätzen oder Fitnessgeräten
versehen. Es sieht aus wie in einer europäischen Stadt. Es fahren neue Autos herum, viel Audi und VW, öfter SUVs. Es sind gar keine traditionell gekleideten Indios zu sehen (!!!) und viele Leute
laufen recht aufgetakelt herum. Da dies die Touristengegend ist, kam uns der Gedanke, dass Reisende u.U. einen falschen Eindruck von Lima und den Umständen in diesem Land bekommen könnten, wenn
sie sich nur in diesem elitären Schickimickiviertel aufhalten.
Am Sonntag besichtigten wir die Lehmziegelzeremonienstätte Huaca Pucllana, die mitten im Wohngebiet von Miraflores liegt. Sie wurde von den Limas erbaut, die dort von 200 bis 650 n.Chr. lebten, bevor sie anschließend von den Waris und zuletzt von den Ychsmas abgelöst wurden. Einzigartig ist die "Bücherregalbauweise" der Steine, weshalb die Stätte sämtliche Erdbeben größtenteils überstanden hat. Trotzdem sind heutzutage bloß 20% original, 80% sind rekonstruiert. 2007, beim letzten großen Erdbeben in Lima, überstanden bemerkenswerterweise die originalen Bauten die Erschütterungen unbeschadet, während die Rekonstruktionen dem Beben nicht standhielten.
Anschließend gingen wir in einem vegetarischen/veganen Restaurant essen. Dort erfuhren wir per Whatsapp, dass bei uns eingebrochen worden ist. Anschließend gab es bei uns bis zum Hostel kein anderes Thema, mit Mutmaßungen über das Ausmaß der Verwüstung und möglicherweise Gestohlenes. Nils und die Kinder nahmen es nach dem ersten Schrecken relativ locker, Melanie war der Tag erstmal verhagelt.