Da am Freitag, dem 26. Januar der Bus nach Bolivien erst um 14 Uhr abfuhr, verweilten wir nach dem Auschecken um 11.30 Uhr noch bis 13.00 Uhr in der Hotellobby. Nils hatte schon wieder
Magenbeschwerden, auch Melanie ging es nicht optimal, deshalb wollten wir nicht in der Stadt herumlaufen.
Da in Puno unglaublich viele Taxis herumfahren, noch mehr als woanders, war schnell eines angehalten, mit dem wir zum Busterminal fuhren. Dort standen wir draußen an den Bussen eine Weile herum,
in Ermangelung von Sitzgelegenheiten, was in Peru an Busbahnhöfen wohl nicht unüblich ist. (In Cuzco gab es auch keine Bänke.) Dabei roch es überall nach Urin, sodass wir unsere Rucksäcke kaum
abstellen mochten.
Mit fast zehn Minuten Verspätung fuhren wir los nach einer ewigen Prozedur (Pass und Busticket drei verschiedenen Leuten zeigen, Namen und persönliche Daten in Liste eintragen und Grenzunterlagen
in Empfang nehmen, alle dabei bitte schön in einer Schlange).
Der Bus sah von außen ganz okay aus, aber die Sitze waren eklig schmuddelig.
Wir fuhren auf dem Weg nach Bolivien meistens direkt am Titicacasee längs mit sehr schönen Ausblicken.
Nach zweieinhalb Stunden gelangten wir an die bolivianische Grenze, wo alles schnell und problemlos vonstatten ging. Wir gingen wieder zu Fuß über die Grenze, hier gab es allerdings das erste Mal keinen Grenzfluss. Auf der peruanischen Seite wurde auf einem Rasenfußballplatz gekickt. Direkt an der Grenze!
In Bolivien wirkte alles sehr arm mit kleinen Hütten, baufälligen Mauern und vielen Nutztieren wie Schweinen, Schafen, Rindern und Eseln auf kargen Minigrundstücken. Bolivien ist ja auch der
ärmste Staat Südamerikas, kein Wunder.
Copacabana, unser Zielort, machte schon in der Ortseinfahrt keinen sehr einladenden Eindruck mit Bauruinen sowie einem kargen unbegrünten Platz. Dabei soll es der Haupttouristenort im
bolivianischen Teil des Titicacasees sein. Weiter im Zentrum sah es etwas gepflegter, aber trotzdem trostlos aus. Wir sahen kaum Autos oder andere Fahrzeuge. Ob sich das hier keiner leisten
kann?
Copacabana empfing uns beim Aussteigen im Zentrum mit einer steifen Brise wie an der Nordsee. Es war sehr kühl und ungemütlich. Strammen Schrittes gingen wir 800m zurück bis hinter den
Ortseingang, wo unser Hostel direkt an einem inoffiziellen Abschnitt der Panamericana lag, das von Nazca südlich von Lima über Cuzco, Puno und den Titicacasee nach La Paz führt. Wegen der Straße
hatten wir viel Verkehr befürchtet, aber es war nichts los, und wir konnten auf der Straße gehen. Das Hostel war ein architektonisches Kleinod zwischen halbfertigen unverputzten Häusern und recht
ansprechend eingerichtet. Unsere Zimmer hatten sogar Seeblick! Heizung gab es allerdings nicht. Das WLAN war auch eine Katastrophe.
Kaum waren wir drin, begann noch nordischer Schrägregen. Die einsetzende Dunkelheit tat noch ihr übriges dazu, dass wir es vorzogen, ein Taxi zurück in den Ort zu nehmen, als wir was essen
wollten. Wir mussten eins rufen lassen, da die Straße leer war. Der Preis war ein Witz! Bolivien scheint noch billiger zu sein als Peru. Wir zahlten zehn Bolivianos, durch ca. 8,5 waren es 1,17€
incl. der Anfahrt und des Wartens beim Geldautomaten, als wir uns mit Bolivianos eindeckten.
Für den Preis nahmen wir bei dem ungemütlichen Wetter nach dem mittelmäßigen aber günstigen Essen natürlich auch ein Taxi zurück.
Am nächsten Morgen weckte uns um 6.00 lautes Geschirrgeklapper vom Tischeeindecken, dabei sollte Frühstück erst in anderthalb Stunden sein. Ab 6.45 beglückte uns dazu noch ein unnormal lauter
Fernseher unten in der Lobby, der mit megaphonartiger Lautstärke die ganze Halle und das offene Treppenhaus beschallte. Dachten wir!
Um genau 8.00 las Melanie im Reiseführer, dass Bolivien Peru um eine Stunde voraus ist. Mist, dann wäre es ja schon 9.00 und die Frühstückszeit wäre genau jetzt zuende! Wir schmissen die Kinder
aus dem Bett, machten uns in Windeseile fertig und standen fünf Minuten später zerknirscht unten, bemüht, das Versehen zu erklären. Es war zum Glück kein Problem.
Am Vormittag gingen wir bei schönstem Wetter am Seeufer entlang in den Ort, der bei Sonnenschein einen einladenderen Eindruck machte. Das Seeufer war im Ort gesäumt von Touristenattraktionen wie Pferden zum Reiten, Trampolinen, Tretbooten und Verkaufsständen. Das Ufer sowie der Hauptplatz am Ufer, sozusagen das Herz des Tourismus in diesem Ort, wirkten ungepflegt. Das Ufer säumte schlechter Rasen, der Hauptplatz und die Straßen waren aus Sand mit tiefen Rinnen vom Regen darin. In Deutschland würde eine Seepromenade in einem Touriort piekfein hergerichtet sein, denkt man mal an St. Peter-Ording, Westerland oder die Ostseebäder. Daran ist deutlich zu merken, wie schlecht es Bolivien gehen muss.
Wir erklommen den Cerro Calvario, der direkt hinter den Häusern des Ortes am Wasser liegt. Im Reiseführer stand was von einer halbstündigen Wanderung, wir mussten hingegen eine Stunde lang ganz schön kraxeln, Romy mit großer Klappe immer voran. Der Aufstieg war für uns sportlich gesehen kein Problem, wenn auch stellenweise nicht ungefährlich, jedoch mussten wir alle paar Meter stehen bleiben und tief Luft holen. Immerhin kletterten wir von 3900 m hoch auf 4050 m Höhe.
Zoe hatte jedoch stärkere Probleme, Luft zu bekommen und blieb schließlich an einer Stelle sitzen, wo sie auf uns wartete.
Oben war ganz schön Betrieb mit Verkaufsbuden und vielen nicht unbedingt sportlich wirkenden und oft für diese Strecke unpassend gekleideten Einheimischen. Schon beim Aufstieg war ziemlich was
los gewesen. Oben wurden öfter Böller gezündet und mit Blüten geschmückte Nadelholzzweige, die in der Erde steckten, waren entlang der Mauer aufgereiht. Unten im Ort waren viele Autos mit Blumen
geschmückt. Irgendwas wurde offensichtlich gefeiert, weswegen heute auf den Berg gepilgert wurde.
Nachdem wir 15 Minuten lang den herrlichen Rundumblick auf den See und die Halbinseln genossen hatten, flüchteten wir vor dem Krach wieder nach unten. Bei einem besonders lauten Böller zuckte
Melanie, die mit Romy gerade auf einer Mauer am Abgrund saß, heftig zusammen, und beide wurden von was getroffen, sodass sie schnell wegsprangen. Romy hatte danach eine Minibrandwunde. Danach
stiegen wir lieber wieder hinab.
Unten genossen wir auf einer Bank bei schönster Sonne den Seeblick, bevor Melanie mit den Mädchen Tretboot fuhr. Das Boot war richtig schlecht, denn die Lenkung war überhaupt nicht in
Ordnung.
Nach einer halben Stunde schafften wir es trotzdem, das Boot irgendwie zum Anlegesteg zu bugsieren. Anschließend gingen wir erst in ein Restaurant und dann noch in ein Café und konnten jedesmal
bei dem schönen Wetter draußen sitzen.
Zurück im Hostel wollte Melanie gleich gegen halb sechs vor der Tür weiterhin die Sonne genießen, aber es war schon wieder frisch geworden. In der Höhe ist es eben etwas anderes. Die anderen zogen sowieso die Innenräume vor, denn sie hatten sich alle heute einen mehr oder weniger ausgeprägten Sonnenbrand geholt trotz Sonnenschutz nach dem Aufstieg. Die Männer waren am schlimmsten dran, bei den Mädels war nur das Gesicht etwas gerötet. Die Tropenlage in Kombination mit der Höhenluft und dem reflektierenden See ist eben eine besonders gefährliche Mixtur.
Am Sonntag besorgten wir uns erst Bustickets für den nächsten Tag und buchten dann mit etwas Verhandlungsgeschick (woanders war es nämlich günstiger) direkt am Anleger eine Bootstour zur Isla del Sol (Sonneninsel), die Copacabana einige Kilometer vorgelagert im See liegt. Den Inkas war sie heilig, ebenso die kleinere Nachbarinsel Isla de la Luna (Mondinsel). Mit einem Motorboot tuckerten wir eine Stunde lang gemächlich über den Titicacasee, bevor wir am Südzipfel der Insel anlegten.
Wir hatten als einzige eine geführte Tour durch den Süden der Insel gebucht, da wir ansonsten nur an zwei Punkten kurz ausgestiegen wären und längst nicht soviel gesehen und erfahren hätten. Der Norden der Insel, sonst auch Ziel dieser Bootstouren, ist z.Zt. leider nicht zugänglich, da es dort "Probleme" gebe, wie wir von mehreren Tourveranstaltern hörten. Auf unsere Nachfrage erfuhren wir, dass es Streit zwischen zwei Dörfern um Land gebe. Wir bohrten weiter. Ja, es gebe dort auch Kämpfe. Wie wir uns das nun direkt vorzustellen haben, wissen wir nicht, aber anscheinend liegen diese zwei Dörfer quasi im Krieg miteinander!
Direkt hinter dem Anleger ging es etwas bergauf (anstrengend in der Höhe!) zu einer alten Indianersiedlung in Form einer Reihe von kleinen Häusern, die angeblich 17.000 Jahre alt ist (Wir fragten
extra nach.), aber das können wir uns nicht ganz vorstellen. Die Häuser hatten niedrige Eingänge und winzige Fenster und allesamt Mauernischen für Opfergaben, in denen auch jetzt noch Sachen
lagen, z.B. eingeschweißte Kekse, ein Schokoriesenbonbon oder verpackte Burgerbrötchen neben Cocablättern, Zigaretten und Blüten. In einer kleinen Hütte mit sehr hoher Decke, die Sonnentempel
hieß, waren Minifenster von der Größe von Schießscharten. Durch das eine Fenster konnte man die Isla de la Luna sehen, und am 21.9., dem Tag zwischen Sommer- und Wintersonnenwende, fällt die
Sonne genau durch dieses Fenster und das gegenüberliegende. Sonne und Mond waren die höchsten Inkagötter, weshalb die Architektur häufig nach ihnen ausgerichtet wurde, z.B. auch in Ingapirca bei
Cuenca in Ecuador. Das Dach war übrigens schon damals erdbebensicher konstruiert worden. In einer Hütte war unterhalb der Opfernische ein großer herzförmiger Stein eingearbeitet, der 5°C kälter
als die übrigen Steine ist, weil er aus einem anderen, angeblich nichtirdischen Material besteht. Auch vor den Hütten gab es einen solchen Stein aus dem All als Tischplatte, der sich beim Klopfen
metallisch anhörte. Nicht weit entfernt fanden sich etliche Felsen Vulkangesteins anderer Herkunft. Alles sehr rätselhaft.
Wir durften anschließend probesitzen in einem steinernen Entspannungssessel, von dem aus die Indianer den Sternenhimmel betrachtet haben, bis sie in Meditation verfielen.
An einem Souvenirstand mitten im Nichts auf einem sandigen Weg auf dem Hügel zeigte uns der Guide, der übrigens auf dieser Insel heimisch ist, anhand eines marmorn aussehenden Kettenanhängers in
Form des Andenkreuzes, wie man mittels des Schattens auf der Hand die Uhrzeit ablesen kann. Er lag um nur drei Minuten daneben, was angeblich an Wolken lag. Es erschloss sich uns leider nicht,
wie das funktioniert, aber dem schwer beeindruckten Ian mussten wir sofort diese Kette mit dem Anhänger kaufen. (Für 15B, also 1,76€!)
Nach einem kleinen Fußweg mit einigen Steigungen, Luftnot inbegriffen (besonders bei Zoe), kamen wir oberhalb des halb auf dem Hügel gelegenen Hauptdorfs Yumami heraus und gingen den Hügel hinab
ins Dorf. Vom untersten Teil des Dorfs führt die steile Escalera de Inca, Inkatreppe, nach unten zum Anleger. Oberhalb der Treppe liegt der Inkabrunnen, dessen drei Ausflüsse allesamt
verschiedenes Wasser speien. Das rechte sollte salziger schmecken und dasselbe Wasser sein wie im heiligen Tal bei Cuzco. Uns schmeckte es sehr gut, salziger schmeckte es für unser Empfinden
jedoch nicht.
Unten am Anleger fütterten wir die Kinder fürs Erste ab mit einer Portion Trucha, gegrillter Forelle, die seit Mindo in Ecuador in vielen Restaurants zu finden ist und uns sehr gut schmeckt,
sodass sie in vielen herkömmlichen Restaurants für uns die einzige Alternative zu sonstiger hiesiger fleischlastiger Kost und Pizza ist.
Anschließend fuhren wir wieder eine Stunde lang zurück.
In Copacabana hatten wir danach Probleme, ein Restaurant zu finden. In dem von gestern gab es zu dieser Uhrzeit (15.30) bloß Pizza und Getränke, aus den nächsten beiden gingen wir wieder raus,
nachdem es uns zu schmuddelig (klebrige Karten, eklig dreckige Tischdecken und Sitzpolster), dabei noch zu schlechter Service (Tische selbst zusammenschieben und dreckige Polster herholen) und
dazu noch relativ teuer war.
Beim vierten gab es wieder gerade nur Pizza und Getränke. So gingen wir letztenendes wieder in das Restaurant von gestern, was nicht schlecht gewesen war, und warteten noch die halbe Stunde bis
17.00, denn inzwischen hatten wir schon fast eine Stunde lang herumgesucht. Die abstellraumartigen Toiletten waren hier allerdings auch nicht besonders lecker, und neben Schöpfeimern und einem
Haufen Pappkartons, die dort herumstanden, schoss ein benutzter Einmalrasierer auf dem schmuddeligen Waschbecken den Vogel ab!
Im Hostel war noch bis in den späten Abend hinein ein fleißig Steine klopfender Gummihammer zu hören, bevor uns am nächsten Morgen ab halb sieben eine Bohrmaschine und anhaltendes Hämmern den Nerv raubten.
Am Montagmorgen tranken wir statt des hierzulande in jedem Hostel üblicherweise angebotenen Tees (Cocatee, Kamille, Lemongras, Schwarztee, Anis, Zimt) einen Zweig Andenminze in unserem Teewasser. Der Guide hatte uns am Vortag am Wegesrand wachsende Zweige abgerupft. Andenminze ähnelt mit den sehr kleinen, festen rundlichen Blättern der uns bekannten Minze nicht im geringsten, schmeckt und riecht aber so.
Unser Bus nach Puno würde erst um 18.00 fahren, aber da wir schon um 11.00 auschecken mussten, verbrachten wir den Tag im Ort. Zunächst durften die Mädchen zehn Minuten reiten. Anschließend
erkundeten wir den Ortskern, der ein paar Blöcke hinter dem See liegt. Dort aßen wir in einem von US-Amerikanern geführten winzigen Restaurant, das lokale Projekte unterstützt, die beste Pizza
von Copacabana (lt. Trip Advisor) und aßen sehr leckeren Kuchen, von dem die supernette Besitzerin uns sofort die Rezepte anbot.
Danach saßen wir noch zwei Stunden auf dem Platz vor dem Restaurant herum, bevor wir uns zur Busticketverkaufsstelle aufmachten, bei der wir uns um halb sechs die Bustickets ausstellen lassen
sollten und wo wir uns die Plätze zuteilen lassen konnten. Gegen kurz vor fünf war der Laden jedoch zu, und auch noch um halb sechs! Für die Busfahrer war dies zum Glück kein Problem. Es reichte
ihnen die Rechnung der Busticketagentur.