Am Dienstag, dem 23. Januar wurde nachts gegen halb zwei unsere Nachtruhe gestört, da jemand klingelte und die Nachtbereitschaft ihn ewig nicht hörte. Es klingelte alle paar Minuten insgesamt
sechsmal, immer wenn man gerade wieder am Einschlafen war. Unglaublich! Die Klingel schallte hell und laut durchs ganze Haus und weckte wahrscheinlich alle auf, nur nicht den Nachtdienst. Nach
ca. einer Viertelstunde wurde der arme Mensch draußen in der Kälte (und wir auch) erlöst, aber der Schlaf war erstmal vorbei.
Um halb sechs wurden wir wiederum von Frühstücksvorbereitungen vor unserer Zimmertür geweckt. Um sechs mussten wir dann aufstehen, um unseren Bus nach Puno am Titicacasee zu bekommen. Zum Glück
gab es hier ab 6.30 Frühstück. Nach einem erneuten Gespräch mit der Rezeption und der gerade anwesenden Wäschereidame wegen der fehlenden Socken, welches aber leider zu nichts führte, holte uns
unser Taxi um 7.30 ab und brachte uns zum Busbahnhof, der übersichtlich und gut organisiert war. Eine Stunde später fuhr unser schicker und komfortabler Bus los, der ebenso gut war wie der
Letzte.
Wir fuhren insgesamt sieben Stunden lang in südöstlicher Richtung eine ziemlich gerade Strecke, die nur über Hochebenen führte. Zunächst säumten noch recht häufig Dörfer oder ein paar Häuser unsere Straße, nach knapp der Hälfte des Wegs wurde es einsamer, die Landschaft karger und die ersten schneebedeckten Gipfel zwischen den grünen Hügeln kamen in Sicht. Wir befanden uns nun in über 4000m Höhe. Zeitweise sah man gar keine Bebauung, nur ab und zu Lamaherden, dann kamen wieder ein paar einsame Hütten, teilweise mit Menschen auf dem Grundstück. Später fuhren wir wieder auf etwas niedrigerer Höhe, und es gab wieder Dörfer. Schließlich durchfuhren wir Juliaca, die einzige Stadt mit Flughafen in dieser Region, die schrecklich arm wirkte. Melanie, die gerade gedöst hatte, wachte durch das Gerumpel auf, als sich der Bus auf der Hauptverkehrsstraße im Schneckentempo durch Schlaglöcher und Schlammpfützen quälte. Die Stadt sah furchtbar aus! Sie bestand größtenteils aus den hierzulande typischen unverputzten grauen Häusern, die oben einfach nicht fertig gebaut wurden, wo also das Dach fehlt und Metallstangen nach oben ragen. Selbst die Hauptstraßen waren oft nicht asphaltiert, sodass man langsam voranrumpelte, und man sah in diesen ärmlichen Straßenzügen massenhaft Tuck Tucks, Lastenräder u.ä. Nils befürchtete erst, wir seien schon in Puno.
Ca. eine Stunde später erreichten wir nach knapp 340 km Puno. Wir hatten bei der Anfahrt einen grandiosen Blick auf den Titicacasee und Puno, wobei leider auch diese Stadt grau und unschön wirkte.
Wir besorgten im Busbahnhof, der von unserem Hotel ein ganzes Ende weg ist, sogleich Fahrkarten für Freitag und fuhren per Taxi zu unserem Hotel. Wir hatten über Hostelworld dieses Mal ein recht
günstiges Drei-Sterne-Hotel gebucht, da wir nach Cuzco nicht mehr in kalten Zimmern wohnen wollten und dies offenbar das einzige mit Heizung war und auch sonst alles stimmte.
Die Kinder waren sofort begeistert. Diesmal hatte tatsächlich auch alles geklappt. Unsere Zimmer lagen gegenüber und besaßen sogar eine Badewanne!
Um 18.00 gingen wir Pizza essen. Das Restaurant hieß "Machu Pizza". Der Machu Picchu wird hier wirklich überall vermarktet, z.B. ist auch auf edlen Schokoladentafeln das berühmte Foto von der
Ruine.
Als wir wieder im Hotel waren, gewitterte es schließlich heftig. Das erste Mal auf dieser Reise.
Das Einschlafen fiel Nils und Melanie stundenlang schwer, da wohl beiden die Höhe von mehr als 3800 m zu schaffen machte: beide hatten Atemnot und mussten öfter ganz tief durchatmen, Melanie hatte außerdem Herzrasen und seit dem Rückweg vom Restaurant starke Kopfschmerzen.
Am nächsten Morgen genossen wir ein reichhaltiges Frühstücksbuffet. Das beste Frühstück dieser Reise! Anschließend gingen wir durch Puno Richtung Titicacasee, in der Hoffnung, Tourveranstaltern über den Weg zu laufen, die uns eine Fahrt zu den Islas Uros, den schwimmenden Inseln der Uro anbieten. Am Busbahnhof wurden wir am Vortag sofort von so jemandem überfallen, der uns aber zu windig wirkte.
Wir hatten tatsächlich Glück: Auf halbem Weg runter zum See wurde uns eine Tour zu den Islas flotantes Uros angeboten, sogar günstiger als das gestrige Angebot oder das vom Hotel. Wir gingen
sofort mit dem englischsprachigen Guide sowie einer indianischen Familie, die auch mitfuhr, zum Anleger und fuhren los, nachdem noch eine ganze Weile gewartet wurde, um weitere Passagiere zu
rekrutieren.
Vom Dach des Bootes aus bot sich eine fantastische Sicht auf den Titicacasee sowie das Schilf, welches von den Uros genutzt wird, um ihre schwimmenden Inseln, Häuser, Boote und alles mögliche
andere zu bauen. Die Uros leben seit vielen Jahrhunderten auf diesen selbstgebauten Inseln aus dem Schilf, welches im hier flachen Teil des Sees zuhauf wächst. Sie sind damals vor den
kriegerischen Collas und später den Inkas, auf diese Inseln, heutzutage ca. 90, geflüchtet.
Auf der ersten Insel wurden wir sehr herzlich von dem Häuptling empfangen, der uns kurz etwas über das Leben auf den Inseln berichtete. Auf dieser Insel leben 26 Menschen in sechs Familien. Das
Schilf wird im flachen Gewässer drumherum, wo es zuhauf wächst, geerntet. Auf den Inseln muss immer wieder oben neu aufgeschichtet werden, da es unten im Wasser mit der Zeit verfault.
Dann durften wir uns auf der Insel umschauen, deren Boden bei jedem Schritt leicht federt. Die Leute dort liefen alle barfuß, was sich gut anfühlen muss, aber bestimmt abends kalt wird.
Vielleicht ziehen sie sich dann ja Schuhe an. Die Frau des Häuptlings zeigte uns die Schlafhütte von sich und ihrem Mann. Auf einer Seite befand sich das Bett, ein Lager aus Schilf mit Decken,
die Hütte war entlang der Wände vollgestellt mit allerlei Kram, der von Tüchern verhüllt war, und sie zeigte uns stolz ihr elektrisches Licht. Vor den Hütten waren Stände aufgebaut mit Schmuck,
bestickten Tüchern und anderen selbstgefertigten Sachen, z. B. Mobiles aus Schilf mit kunstvollen Booten. Die Schilfarbeiten machen die Männer, die Kleidung der Bootsinsassen die Frauen.
Wir kauften den netten Menschen dort einige Armbänder ab, dann fuhren wir auf dem sogenannten Mercedes Benz der Insulaner, einem typischen Katamaran aus Schilf, zu einer etwas größeren Insel. Das
Boot fuhr sehr langsam, angetrieben von einem normalen Motorboot, welches sich mit dem Bug zwischen den beiden Kielen des Katamarans einhakte. Die zweite Insel war sehr viel kommerzieller und
weniger typisch und gefiel uns nicht besonders. Die Insulaner trugen kaum noch Tracht, es gab größtenteils normale Hütten aus Blech, z.B. auch zum Übernachten für Touristen, wir wurden nicht
begrüßt, dort gab es Toiletten gegen Geld, einen kleinen Laden mit Lebensmitteln, Verkaufsstände wie auf der ersten Insel und sogar ein kleines Lokal, für dessen Essen sofort fleißig geworben
wurde, erst mit persönlicher Ansprache, später sogar per Megaphon. Das Schilf des Inselbodens bedurfte überdies dringend einer Erneuerung, denn er siffte bei jedem Schritt schon etwas durch und
über der Insel hing ein deutlicher Geruch von faulenden Pflanzen.
Da wir auf den ganzen Zirkus nicht rechte Lust hatten, wir keinen Hunger hatten oder zur Toilette mussten, erwarben wir auch hier bloß ein paar Armbänder als Mitbringsel für Freunde der Kinder.
Anschließend fuhren wir wieder mit dem ersten Boot zurück.
Nach einem ruhigen Nachmittag in unserem Hotel gingen wir abends in einem schrecklichen veganen Restaurant essen, die ganz viel Fleischersatzprodukte nutzten und dessen Essen Nils mindestens genau so hätte kochen können, nur besser abgeschmeckt. Außerdem war es darin ziemlich kalt. Es ist schon erstaunlich, warum in diesen Gefilden, wo es abends oder ohne Sonne so kalt ist, nicht anders gebaut wird oder zumindest Heizungen Standard sind. Die Armen in den einfachen Hütten könnten sich das natürlich nicht leisten, aber auch normale Häuser oder touristische Einrichtungen haben nur schlecht schließende einfach verglaste Fenster und Türen sowie keine Isolation unter dem Dach. Auch in unserer Hotellobby ist es stets sehr kühl, sodass die Rezeptionsdamen dort in dicken Jacken sitzen. Dies ist normal in Cuzco und Puno: In den Reisebüros, Läden, usw. sitzen die Angestellten in leichten Winterjacken.
Am Donnerstag erkundeten wir nur etwas die ganz nette und um die Ecke gelegene Innenstadt mit der Fußgängerzone. Klar, auch hier gab es wie in jeder peruanischen Stadt eine Plaza de Armas (Waffenplatz, was lt. eines Guides was mit den Kämpfen der indianischen Ureinwohner gegen die Spanier zu tun haben soll) mit einer Kathedrale. Ansonsten war Puno recht schmucklos.
Wir buchten außerdem einen Flug nach Lima für in ein paar Tagen bei einer netten Dame in einem Reisebüro, die dort natürlich in Jacke saß. Ihre Tochter machte Hausaufgaben und hatte dort auch
etwas Spielzeug sowie ihre süße Babykatze. Das gibt es in diesen Ländern öfter bei berufstätigen Müttern. Auch im Hostel in Cuenca verbrachte die Kleine ihre Freizeit bei der Mutter in der
Rezeption. Am Vortag hatten wir uns vier Angebote für Flüge eingeholt. Den Vogel schoss eine ungepflegte Frau in einem völlig unordentlichen und zugemüllten Lädchen ab, bei der derselbe Flug wie
bei den anderen ca. 80$ p.P. mehr kosten sollte (merkwürdigerweise auch eine ganz glatte Summe), nachdem sie uns während des Preiserkundigens gefragt hatte, aus welchem Land wir kommen. Bei den
reichen Deutschen kann man ordentlich etwas draufschlagen, dachte sie sich wohl.
Den Flug vom Vortagsangebot war nun leider schon weg, deshalb buchten wir für einen Tag später und sparten sogar noch 57$. Egal, unser für die Rückreise wieder gebuchtes Hotel in Puno ist
schließlich top.
Nachmittags mussten die Kinder im Hotel mal wieder was für die Schule tun, bevor wir abends essen gingen. Als wir losgingen, donnerte und blitzte es bereits, und wir konnten gerade noch ins Restaurant huschen, bevor der Regen losprasselte. Laut Trip Advisor war es das beste Restaurant Punos und hieß auch "Mojsa" (auf Aymará heißt es "köstlich"). Die vegetarische Auswahl war sehr dürftig, sodass wir, wie so oft in diesem Fall, gebratene Forelle aßen. Das Essen war aber ganz vorzüglich!