Der Wecker schmiss uns am Dienstag, dem 9. Januar um zehn vor sechs aus dem Bett. Kurz vorher hatte eine hell scheppernde Kirchenglocke allerdings schon gründlich Vorarbeit geleistet trotz Ohropax, die wir bei den dünnen Fenstern an der lauten Straße benutzten. Die Kinder machten so gut mit, dass wir alle (obwohl Zoe sogar noch duschen musste und ihre Unterhose ins Klo ohne Klobrille fiel und sie sie noch auswaschen musste!) um 6.20 Uhr losstiefelten. Schon zehn Minuten später waren wir da, fanden wieder ein Münzdrehkreuz vor (inzwischen gar kein Problem mehr😉) und kamen wenige Minuten vor unserem Bus an der Bushaltebucht an. Wir frühstückten bei lauen knappen 20°C draußen erstmal gemütlich Obst, Brötchen und Trinkjoghurt, bevor wir pünktlich um 7.00 Uhr nach Piura, einem Verkehrsknotenpunkt in Nordperu, starteten.
Die Aussicht auf die dunstigen grau-schwarzen Anden war die nächsten Stunden grandios und mystisch. Eine perfekte Filmkulisse für "Herr der Ringe" o.ä.! Ganz zu Beginn gesellte sich sogar noch ein rosa Schimmer der Frühsonne dazu, obwohl es schon beim Aufstehen hell gewesen war.
Anfangs war es sehr frisch im unklimatisierten Bus, aber mit jeder Stunde wurde es wärmer, und das lag nicht nur an der Tageszeit, sondern auch die Landschaft wirkte immer trockener. Nils
entdeckte in den letzten zwei Stunden vor der Grenze, wo das Land kaum besiedelt war, übrigens tatsächlich mehrere Cannabisfelder!
Der Bus war nicht mal zur Hälfte gefüllt. Außer uns saßen nur Einheimische drin, größtenteils alte bäuerlich aussehende Männer, die entweder mitten im Nichts an der Bergstraße oder in kleinen
Bergorten ausstiegen. So waren wir nur insgesamt sieben Reisende, als wir gegen 12.00 Uhr nach fünf Stunden den Grenzort Macará erreichten, wo noch fünf Leute zustiegen. Dort vollzog der
Busfahrer auf einer engen Straße vor einer baustellenbedingten Vollsperrung ein gekonntes Wendemanöver in ungefähr 15 Zügen. Wahrscheinlich hatte es kein Hinweisschild gegeben, denn hinter uns
stauten sich die Autos.
Die Kontrollen an der Grenze gingen, von unserer Formularausfüllerei abgesehen (alles halt 5x), recht unkompliziert vonstatten. Wir passierten nach der ecuadorianischen Kontrolle den Grenzfluss
zu Fuß, da der Busfahrer noch mit Formalitäten beschäftigt war. Die Damen der peruanischen Grenzbehörde waren in bester Kaffeekränzchenlaune, als wir kamen und störten. So was! Dementsprechend
enthusiastisch bearbeiteten sie unsere Fälle, sodass es etwas dauerte. Nach einer knappen dreiviertel Stunde war alles erledigt, und wir fuhren weiter. Das hatten wir ja schon mal deutlich
schlimmer erlebt!
Kaum in Peru, war die Kurverei vorbei, obwohl wir durchaus zunächst noch durch Berge fuhren. Nach einer halben Stunde wurden wir ca. zehn Minuten lang von einer Zollkontrolle aufgehalten, die im
Gepäckraum und in den Gepäckfächern im Fahrgastraum nach etwas suchte. Später weiter westlich fuhren wir durch Flachland.
Peru kam uns, kaum hinter der Grenze, deutlich ärmer vor als Ecuador. Entlang der Straße standen flache Hütten mit Wellblechdächern auf sandigem staubigen Untergrund und es lag extrem viel Müll
am Rande der Straße herum.
Um 16.00 Uhr kamen wir endlich nach 9 Stunden am Busbahnhof in Piura an. Die Fahrt durch den Ort hatte uns etwas schockiert, denn es war die schrecklichste Stadt, in der wir bislang waren. Die Außenbezirke wirkten trostlos mit staubigen Sandstraßen, Wellblechdachhäusern, armen Leuten und viel Müll. Die Kinder waren auf einmal doch von Nils' Idee angetan, heute gleich per Nachtbus 18 Stunden nach Lima weiter zu fahren, was sie vorher vehement abgelehnt hatten. Melanie hatte jedoch im Bus im Reiseführer gelesen, dass in Peru von Nachtbusfahrten abgeraten wird wegen der Gefahr von Überfällen und Entführungen. Die Innenstadt sah zum Glück besser aus, wie üblich mit viel Verkehr, aber mit befestigten Straßen und weniger trostlos.
Am Busbahnhof stürzte sich sogleich ein geschäftstüchtiger Taxifahrer auf uns, der uns erklärte, hier an der Straße seien drei Busgesellschaften, die alle nur Lima anführen, zu der, die Trujillo
(auf halber Strecke nach Lima am Meer) anfährt, müsste er uns bringen, die sei ganz woanders. Während wir uns hier über Fahrten nach Lima erkundigten, die aber alle abends oder am Spätnachmittag
erst starten würden, wartete er geduldig auf uns. Für 5 Nuevos Soles (S, durch 3,92) oder 2$ wollte er uns fahren. Dabei fiel uns ein, dass wir noch zur Bank mussten, denn die Busfahrkarten
würden wir nicht mit Dollar bezahlen können. Er fuhr also durch dichten Verkehr zu einem Automaten an einer Kreuzung zweier kleiner verstopfter Straßen. Auf dem Weg erblickten wir einen Mann, der
rücklings auf seinem Motorrad am Straßenrand einer engen Gasse lag und mit hintenüber hängendem Kopf schlief. Unglaublich! Melanie sprang kurz vor der Kreuzung raus und holte Geld. Zurück im
Auto, Romy wieder auf dem Schoß, wollte Romy das peruanische Geld sehen. Dabei merkte Melanie, dass sie ihre Karte nicht mehr hatte. Schnell wieder unter dem Kind hervor rausgesprungen! Das Taxi
war zum Glück noch nicht weit gekommen, blieb mitten beim Abbiegen nun halb auf der Kreuzung mit offener Tür stehen. Begleitet von einem Hupkonzert spurtete Melanie zum Automaten, aus der ihr die
Karte und der Bon entgegenblitzten. Hätte noch gefehlt, dass die Karte im letzten Moment wieder im Automaten verschwunden wäre. Puh, Glück gehabt. Hätte Romy nicht gefragt, hätte sie das Fehlen
der Karte nicht bemerkt. Dies war der erste Automat, bei dem das Geld vor der Karte rauskommt, und das Nachzählen der neuen Scheine hatte sie abgelenkt.
Am Busterminal verlangte der Fahrer wegen des Umwegs nun das Doppelte (verständlich), und da wir wir das US-Kleingeld loswerden mussten, gaben wir ihm 4$, was mehr als 10 S ist, und er bedankte
sich mit leuchtenden Augen. Schön, da haben wir jemanden glücklich gemacht!
Wir besorgten Bustickets nach Trujillo für morgen Vormittag und gingen einige hundert Meter zu einem Hostel, was google.maps anzeigte. Wir liefen an ungelogen mindestens 33 Optikern auf 200 m vorbei (Haben die Einwohner so schlechte Augen?), bevor wir das Hotel "El Sol" erspähten. Oh, ein Hotel! Im Handy stand Hostel. Der Preisliste nach sprengten Doppel- und Dreierzimmer deutlich unser Tagesbudget, aber die Rezeptionsdame, die die kurze Romy hinter ihrem Tresen übersehen hatte, bot uns sofort ein schickes und blitzsauberes Viererzimmer zu einem Hostelpreis (ca. 55€ incl. Frühstück) an. Wir nahmen es, denn mit Bettenzusammenschieben würde Romy zwischen uns schlafen können. Romy entdeckte sofort einen Pool im Hinterhof, und da es hier im Flachland wieder deutlich heißer war und wir uns ziemlich eklig fühlten, kühlten wir uns dankbar ab, bevor wir ein superschedderiges Taxi (Ein Wunder, dass es noch fuhr! Die Tür hing sogar etwas!) zu einem Restaurantkomplex nahmen, den uns die Rezeptionsdame empfohlen hatte. In unserer Gegend gab es kaum Restaurants, und in diesem Komplex ging offenbar die High Society der Stadt essen. Wir fühlten uns etwas fehl am Platze mit unseren Travellerklamotten und fürchteten um unser Tagesbudget, aber letztenendes ging es preislich noch, und das Thaiessen war sehr gut.