Am Donnerstag, dem 28.12. frühstückten wir die aufgewärmten Essensreste und waren froh, einmal dem hiesigen Frühstück zu entgehen. Gegen halb elf brachte uns ein Ubertaxi zum Busbahnhof Ofelia im Norden Quitos. In den öffentlichen Bussen Quitos gibt es ein Taschendiebproblem, und wir hatten am Vortag von einer Travellerin unseres Hostels gehört, der sie im Bus die Rucksackklappe geöffnet und das Kabelzubehör ihres Handys herausgeklaut hatten. Mit unseren Rucksäcken hatten wir keine Lust auf derlei Experimente, und Uber ist ja günstig.
Wir waren fast zwei Stunden zu früh da, wie vom Hostel empfohlen, um sicher zu sein, noch Tickets für den 13Uhr-Bus nach Mindo zu bekommen, denn die Busse fahren nur alle zwei Stunden. Es war
kein Problem, und letztenendes war der Bus fast leer. Das hatten wir noch nie erlebt! Beim Warten auf den Bus an der zugigen Haltestelle unterhielt sich Melanie mit einer Biologin aus Arizona,
die seit 2002 in Mindo in der Pampa an einem Wanderweg lebt und dort Tieren und Pflanzen einen Schutzraum bietet. Ihre Vorfahren kommen aus Heidelberg (!) und Dänemark. Im Bus saß sie auch
bei uns. Sie bot uns an, bei ihr zu wohnen, da sie wohl auch Zimmer vermietet und wir noch kein Hostel hatten, aber es war uns etwas zu weit ab vom Schuss.
Nach einer Weile passierten wir etwas nördlich von Quito das Monument der "Mitad del mundo", der Mitte der Welt. Es wurde einst auf dem Äquator platziert, dachte man, aber GPS-Berechnungen
zufolge hat man sich um 300m vermessen. Da die Erde an den Polen flacher und insgesamt eiförmig ist, ist angeblich kein Punkt auf der Erde näher am Himmel und damit an der Sonne als das
hochgelegene Quito, dachten sich schon die Indianer und nannten Quito "Die Mitte der Welt".
In der Nähe gibt es ein Hostel in einem Vulkankrater, und wir hätten es reizvoll gefunden, uns dort einzuquartieren, laut Hostelworld war es aber leider belegt, also ließen wir Mitad del Mundo
aus und reisten durch bis Mindo. Um Mitad del Mundo herum war die Landschaft recht trocken und die Bebauung war nicht schön, sodass wir dort wohl nicht viel verpasst haben
Anschließend begann eine kurvige Straße westwärts durch die Berge, die sich laut der Biologin ewig um den Äquator herumwindet, also abwechselnd auf der Nord- und auf der Südhalbkugel verläuft.
Durch die Reisetabletten hatten wir aber keine Probleme. Zwischenzeitlich regnete es stark. Es ist halt gerade Regenzeit, sodass es nachmittags oft regnet. Leider hatten wir bei der Fahrt abwärts
keine Aussicht, da neben unserer Straße am Hang eine Wolkenwand war.
Nach etwas über zwei Stunden Fahrt gelangten wir nach Mindo, einem kleinen Örtchen auf bloß 1250m Höhe, das eine Travellerhochburg inmitten von steil aufragendem Nebelwald ist. Es ist für
die beeindruckende Tier- und Pflanzenwelt bekannt, z.B. soll es dort mehr als 400 verschiedene Vogelarten geben, außerdem Schmetterlings- sowie Orchideengärten. Mit den ruhigen Straßen und mit
Holz verkleideten Häusern sah es recht niedlich und beschaulich aus. Entgegen unserer Erwartungen war es bis auf die Einheimischen ziemlich leer. Die Infrastruktur mit haufenweise Hostels und
Restaurants sowie Tourveranstaltern lässt allerdings den Schluss zu, dass es hier sonst vor Travellern überquillt, die nun größtenteils aufgrund von Weihnachten nach Hause gereist sind. Die
Biologin führte uns zu einem Hostel (das eher ein Hotel war) mit dem hübschen Namen "Jardin de los Pájaros" (Vogelgarten), das über einen großen Pool sowie Whirlpool verfügt und in dem sie
aufgrund des schlechten Wetters und somit rutschigen Weges zu ihrem Zuhause auch für eine Nacht bleiben würde. Sie schien den Besitzer gut zu kennen und handelte für uns einen besseren Preis aus.
Nach einem recht guten (und diesmal etwas anderen) Essen in einem Restaurant blieben wir im Hostel, da es schon wieder regnete. Romy allerdings ließ es sich nicht nehmen, trotz der
Pullitemperaturen und des starken Regens einige Minuten in den Pool zu springen. Ihre Mama zog da den überdachten Whirlpool daneben vor😉.
Am nächsten Tag waren wir angenehm überrascht über das Frühstück im Hostel, da es dort eine große Portion Früchte ohne das süße Joghurtgranolazeug sowie neben gut gemachtem Rührei die besten
Brötchen mit Marmelade gab, die wir seit Reisebeginn hatten. (Zoe steht in diesem Urlaub allerdings mit den hiesigen Früchten auf Kriegsfuß, da sie Ananas und Papaya sowie Kokosnüsse nicht
ausstehen kann, welche hier neben Bananen und Melonen die gängigsten Früchte sind. Wir anderen hingegen finden, dass wir in Europa noch nie so aromatische Südfrüchte gegessen haben!) Dazu gab es
sehr starken guten Kaffee, der in kleinen Kaffeemilchkännchen serviert wurde und nur die halbe Tasse füllte. Obwohl dadurch das Verhältnis Milch zu Kaffee etwa 1:1 war, schmeckte der Kaffee immer
noch aromatisch und stark. Die Kinder bekamen naturbelassenes helles ungezuckertes Kakaopulver für ihre Milch.
Anschließend fuhren wir bei schönstem Wetter per Taxi zur einige Kilometer bergauf gelegenen Station der "Tarabita", einer per Automotor betriebenen Seilbahn, bei der man in einem Metallkorb in
152 m Höhe ca. 500m weit über den Nebelwald hinwegdüst. Nichts für ängstliche Gemüter! Auf der anderen Seite kann man innerhalb von einer Stunde an fünf Wasserfällen vorbeiwandern. Dabei
schlängelt sich der Weg durch den mystisch wirkenden Nebelwald über weite Strecken an einem Berghang längs, was einem jedoch aufgrund des starken Bewuchses des Hangs nicht so gefährlich vorkommt.
Zur Not würde man ja in einem Baum hängenbleiben😉. Am vorletzten Wasserfall mussten wir den Fluss durchwaten und über Felsen klettern. Um nicht nass zu werden, war schon etwas sportliches
Geschick erforderlich. Am letzten Wasserfall badeten wir, und Nils, Ian sowie Romy trauten sich sogar ganz ins kalte Wasser bzw. fast unter den dafür viel zu mächtigen Wasserfall.
Am späten Nachmittag kehrten wir im Ort in ein veganes Restaurant ein, welches jedoch nicht ganz an das in Bogotá herankam. Inzwischen war es deutlich kühler geworden. Anschließend entspannten wir uns im Hostel und ärgerten die Kinder mit Schulaufgaben. Abends um 20 Uhr genossen die drei Frauen den Whirlpool, wobei die beiden Mädels einen Heidenspaß daran hatten, ganz nach Kneipp'scher Manier in den kalten Pool nebenan zu springen und sich anschließend im Whirlpool aufzuwärmen.
Am Samstag war Nils müde und antriebsarm und Ian war stark erkältet und fühlte sich ziemlich angeschlagen. Deshalb verschoben wir unser Programm auf den nächsten Tag. Wir würden hier eh länger als eigentlich nötig bleiben, um nicht gerade Silvester oder Neujahr weiterzureisen. Also verbrachten wir einen faulen Tag im Hostel und gingen nur zum Pizzaessen los. Die Mädels waren ganz entzückt von zwei verspielten Welpen in unserer Straße und waren ständig bei ihnen. Auch liefen neben unserem Hostel auf einem Grundstück Hühner mit Küken umher, die mit den Hunden offensichtlich kein Problem hatten. Übrigens sahen wir den Tag ein Motorrad vorbeifahren, auf dem ein kopfüber hängendes laut protestierendes Huhn transportiert wurde. Was dem wohl blühte... Ebenso einer ganzen Pick-Up-Ladung voller herumlaufender Hühner, die per Megaphon im Vorbeifahren zum Kauf angepriesen wurden. In Appen kommt das Bäckerauto vorbei, in Mindo halt ein Hühnerauto...
Am Silvestermorgen joggte Melanie das erste Mal seit mehr als vier Wochen wieder (Es funktionierte noch😉), denn in diesem ruhigen ungefährlichen Ort war dies gut möglich, und auch durchaus alleine. Dabei lief ihr ein ausgebüxtes Kalb über den Weg, dem der alte Bauer schwerfällig hinterher humpelte, nicht ohne freundlich zu grüßen.
Später am Vormittag buchten wir eine sogenannte Tubingtour. Dies war ein besonderes Highlight! Zunächst wurde auf einen Pick-Up auf ein Gestell über der Ladefläche ein aus sieben großen Autoschläuchen mit Seilen zusammengebundenes Monstrum gewuchtet, dann durften wir auf der Ladefläche Ewigkeiten einen rumpeligen Sandweg in der Pampa längsfahren bis zu einem Flussufer. Dort folgten wir in unseren Badesandalen einem vielleicht neunjährigen Jungen (wohl der Sohn des Fahrers, der auch mithalf) die Böschung hinunter und stiegen im Fluss auf das Schlauchkonstrukt. Wir hatten uns wohlweislich Badezeug und schnelltrocknende Sportkleidung angezogen und sind mit Schwimmwesten sowie schlechtsitzenden Helmen ausgestattet worden. Wir sollten stets mit dem Po in der Kuhle zwischen drei Schläuchen sitzen, uns gut an Schlaufen aus den Seilen rechts und links festhalten und die Beine oben lassen. Kaum hatten die beiden Guides unser "Floß" ins Wasser geschoben, fanden sie kaum Zeit, es in die richtige Bahn zu lenken und aufzuspringen, da wir sofort durch eine Stromschnelle und etwas bergab fuhren. Im Nu waren wir komplett nass. Schön erfrischend!
Für die Guides war es Schwerstarbeit, da sie ständig absprangen, uns ein Stück in die richtige Richtung zwischen Felsen schoben, wieder in die Hocke aufsprangen, sich in dieser Haltung beim
Passieren von Stromschnellen festhalten mussten und sich teilweise mit den Beinen von Felsen abstießen. Die beiden mussten wirklich durchtrainiert sein. Aber auch wir, die wir eigentlich
gemütlich saßen, mussten mitarbeiten, indem wir uns krampfhaft an den Schlaufen festhielten und unsere Füße gegen das Reifeninnere pressten, wenn es gefährlich wurde bzw. bergab ging und die
Guides "Fuerte" (fest, kräftig) riefen. Wir hatten zwei Stunden gebucht inkl. der Hin- und Rückfahrt, also ging die Flussfahrt bestimmt eine Stunde lang. Einmal hingen wir kurz auf einem Felsen
fest und die Guides schoben uns runter, und einmal rutschte der linke Reifen über einen hohen Felsen hinweg, sodass Melanie seitwärts in der Luft hing, ein anderes Mal passierte dies Zoe auf
ihrer Seite. Bei der letzten Stromschnelle wurde Melanie so zur rechten Seite hinübergekippt, dass ihr Helm mit dem von Zoe zusammenstieß. Es tat aber nicht weh. Nils stieß sich an der Felswand
des Flussbettes jedoch einmal schmerzhaft seinen Ellenbogen.
Am Ziel wurden wir von dem Pick-Up wieder eingesammelt und zurück nach Mindo gebracht.
Es hatte Spaß gebracht und war ein tolles Erlebnis, jedoch sind wir am Zweifeln, ob es wirklich wie behauptet schon für Vierjährige geeignet ist! Man darf kein Problem mit (kaltem) Wasser haben
und muss sich ziemlich doll festhalten. Wir hatten danach alle lange müde Arme...
Wir können uns nicht vorstellen, dass diese Tour in Deutschland erlaubt wäre, und wenn, nicht ohne einen ellenlangen Vertrag, in dem man den Veranstalter von allen Haftungen entbindet, versichert
schwimmen zu können, nicht herzkrank oder schwanger zu sein, seine Personalien angibt etc. und ein Heidengeld bezahlt aufgrund der stolzen Versicherungsprämie des Tourveranstalters. Wir hatten
gar nichts unterschrieben und pro Person bloß18$ gezahlt!
Nachmittags gingen wir in einem Café-Restaurant essen, welches gleichzeitig Schokoladenführungen anbietet und teure Schokolade verkauft. Dort bestellten wir einen Kakaosaft, d.h. Saft aus dem hellen Fruchtfleisch, welches um die Kakaobohnen herum ist. Sehr erfrischend und lecker! Anschließend schossen wir uns so mit den besten Brownies der Gegend ab, dass wir bis zum nächsten Frühstück nichts mehr zu essen brauchten und uns z.T. noch am fortgeschrittenen Silvesterabend etwas schlecht war.
Am frühen Abend gingen wir bei Regen wieder in den Whirlpool, während im Ortszentrum an einer Bühne schon die Silvesterfeier begann. Die Musik lief bis zum nächsten Morgen um 9.00 Uhr! Der Ort und unser Hostel hatten sich übrigens seit Samstag deutlich gefüllt mit Leuten, die hier Silvester verbringen wollten. Unser Hostel war zuvor bis auf uns fast leer und nun ausgebucht, aber auch, weil die Familie des Hostelbesitzers mit Kind und Kegel angereist war.
Die Biologin hatte uns Donnerstag im Bus auf große bunte Papppuppen aufmerksam gemacht, die auf dem Weg an vielen Geschäften verkauft wurden. Zuvor hatten wir schon gescherzt, ob diese eine Art Gartenzwerge sein sollen. Schick! Spongebob, Goofy, Micky Maus, Bugs Bunny usw. Wir erfuhren von ihr, dass hier an Silvester die Puppen verbrannt werden, nachdem man einen Zettel reingetan hat, auf dem steht, was man hinter sich lassen möchte. In Mindo konnte man leider keine kaufen, ebenso wenig wie Knaller u.ä. So wurde es für uns ein ruhiges Silvester. Wir spielten im Zimmer der Kinder "Stadt Land Fluss" und "Oma plätschert lustig in der Badewanne". Nils schlief gegen 22 Uhr auf Zoe's Bett ein und ging bald darauf drüben schlafen. Wir anderen sahen per Youtube um 23.15 Uhr "Dinner for one" und "Der Silvesterpunsch" von "Ein Herz und eine Seele", wobei der sich inzwischen so gesteigerte Regen so laut war, dass wir Kopfhörer brauchten, um was zu verstehen. Das Feuerwerk um Mitternacht war sehr überschaubar. An drei Stellen im Ort stiegen Raketen hoch, Knaller, Heuler etc. gab es gar nicht. Da wir nichts zum Anstoßen hatten, stießen wir nicht an. Wir hatten nichts besorgt, da Nils Sekt nicht gerne trinkt und Wein hier unter 12$ nicht zu bekommen ist. Nachdem wir unsere Sendung zu Ende gesehen hatten, lagen wir um 1.00 Uhr im Bett.
Da es im Hostel Frühstück nur bis 10.00 Uhr gab, begann der nächste Tag schon recht früh. Wir unternahmen aber nichts, übten mit den Kindern wieder Mathe und gingen nur nachmittags in den Ort zum
Essen, wo wir wieder zufällig die Biologin trafen. Das Essen war sehr gut, die Toiletten waren dort jedoch geschlossen, da das Wasser nicht funktionierte. Donnerstag hatten wir dies in einem
anderen Restaurant auch schon erlebt!
Auf dem Rückweg waren einige trinkfeste Feierfreudige immer noch übrig, u.a. unser Kellner vom Vortag aus dem Schokorestaurant. Den Vogel schossen ca. sieben junge Männer ab, die wir seit unserem
Frühstück bis gegen 18 Uhr auf der Straße ein paar Meter neben unserem Hostel auf einem Fleck stehen, Bier trinken und sich dezent unterhalten sahen.