Am Dienstag, dem 19.12. weckte uns um 4.45 Uhr wieder das Auto mit Weihnachtsliedern, krähten anschließend wieder die Hähne und bellten Hunde. Da waren die Großstädte ja fast ruhiger!
Wir frühstückten ein letztes Mal in unserem Lieblingsrestaurant und machten anschließend im Aufenthaltsbereich des Hostels mit den Kindern etwa für die Schule, bevor wir uns gegen halb eins zum
Bus aufmachten, der um 13 Uhr nach Popoyán 137 km weiter nordwestlich losfahren sollte. Romy konnte schon wieder vorsichtig gehen. Um viertel nach eins (Die Busse in Zentralamerika waren viel
pünktlicher!) wurden wir und ein kanadisches Pärchen von einem PKW mit dem Logo einer Busgesellschaft eingesammelt. Wir hatten schon am Vortag unsere Tickets gekauft; ein holländischer Backpacker
ohne vorher besorgtes Ticket musste leider zurückbleiben, da kein Platz mehr für ihn war! Ein paar Kilometer weiter auf einer staubigen Bergstraße ließ uns der Fahrer an der Abzweigung nach
Popoyán alle wieder raus und versicherte uns, gleich würde uns ein Bus abholen. Es dauerte jedoch eine ganze Weile, und zwischendurch wurde der Holländer hinterhergebracht, der abermals
zurückbleiben musste, als uns der Kleinbus abholte. Der arme Kerl!
Die Straße nach Popoyán ist auf unserer Karte nur dünn weiß eingezeichnet, was nichts Gutes verhieß. Außerdem wurde von dem nächtlichen Befahren wegen der Gefahr von Überfällen abgeraten.
Ansonsten sollte das Panorama des Naturparks, den wir durchkreuzen würden, beeindruckend sein. Davon hatten wir jedoch nicht viel, denn die größtenteils unbefestigte und sehr kurvige Straße
ruckelte den Kleinbus so durch, dass die Übelkeit bei allen nicht lange auf sich warten ließ. Nils hatte als einziger vorher eine Reisetablette genommen und hatte sogar Probleme, obwohl er neben
dem Fahrer saß. Die Kinder saßen gleich dahinter und warfen sich ziemlich bald auch welche ein. Romy ließ sich eine Spucktüte geben, aber brauchte sie dann doch nicht. Melanie saß in der 5. Reihe
und merkte erst nach einer ganzen Weile was, aber mit Nachvorneschauen ging es. Nach einer Rast war zunächst wieder alles gut, aber nach einer Weile ging es bei ihr wieder los und steigerte sich
kurz vor Ende der Fahrt dermaßen, dass sie japsend nach einer Spucktüte fragen musste. Es ging dann aber doch wieder auf einmal, und kurz darauf waren wir gegen halb sechs in Popoyán angelangt,
einer Kolonialstadt und früheren Hauptstadt, in deren Ortskern alle Gebäude weißgetüncht sind. Bei der Fahrt zum Busbahnhof machte Popoyán auf uns allerdings keinen besonderen Eindruck, da wir
wohl andere Bezirke durchfuhren. Während der anschließenden ruckeligen Taxifahrt durch den Feierabendverkehr wurde Melanie wieder übel, und es wurde auch im von Franzosen geführten Hostel "Le
soleil" in einer Villa, nur ein paar Blocks vom Zentrum entfernt, seltsamerweise nicht besser. Oder war es etwa Hunger, der sie so elend fühlen ließ?
Nach etwas Hin und Herüberlegen kam sie dann doch mit ins libanesische Restaurant drei Blocks weiter, wo sie sich nur Cola und Pita mit einer Creme bestellte. Jedoch als das Essen serviert wurde,
musste sie blitzschnell die Toiletten aufsuchen und schaffte es gerade noch rechtzeitig, den Klodeckel hochzuheben. Anschließend ging sie ins Hostel zurück, während die anderen das leckere
libanesische und günstige Essen genossen.
Am nächsten Tag hütete sie schlapp und mit etwas Haarspitzenkatarrh das Bett, während die anderen die meiste Zeit mit im Zimmer verbrachten (Wir hatten ein blitzsauberes Sechserzimmer.), außer
zum Frühstücken in der Stadt, nachmittags zum kurzen Umschauen und abends zum Essengehen (wieder beim Libanesen).
Am Donnerstag hatten wir normalerweise schon weiterreisen wollen, hatten aber aufgrund des Krankheitsfalles um einen Tag verlängert und nahmen nun alle wieder mal an einer Free-Walking-Tour teil. Auch Zoe hatten wir dazu "überredet". Zuvor holten wir jedoch noch Nils' Wandersandalen aus einem anderen Hostel ab. Er hatte sie in San Agustín zum Trocknen in die Sonne gestellt und dort bei der Abreise vergessen. Trocken dürften sie also sein! Noch während der Busfahrt war es ihm eingefallen, hatte vom neuen Hostel aus dem Hostel in San Agustín gemailt, ob sie anderen Travellern, die nach Popoyán reisen, die Sandalen mitgeben könnten, und es hatte so tatsächlich geklappt. Ian hatte dort auch seine ebenfalls trocknende Badeshorts vergessen, dies aber zu spät gemerkt, sodass sie leider nicht mitgekommen war. So holten wir aus dem Hostel der beiden Holländerinnen, die ihr Work and Travel nun beendet hatten, die Sandalen ab und gingen zur Free Walking Tour
Wir besichtigten eine beim letzten schlimmen Erdbeben 1983 in der Karwoche eingestürzte Kathedrale, in der sich viele Menschen befunden hatten. Nach Erdbeben ist sie schon viermal jedesmal etwas
anders aufgebaut worden. Papst Johannes Paul II hatte zwei Jahre später die Kirche besucht und dabei ein angebliches Stück des Kreuzes von Jesus dagelassen, welches seitdem dort verwahrt
wird.
Ein Uhrenturm einer anderen Kirche hatte ein eigenartiges Zifferblatt, bei dem die römische 4 statt IV verkehrt IIII geschrieben war. Der Uhrmacher war exekutiert worden. Der "Torre del Reloj"
ist heute dafür natürlich bekannt.
Wir erfuhren, dass es früher in der Gegend Spinnen gab, die die Füße der Menschen befielen und sich von der Haut ernährten. Man entdeckte Kalk als probates Mittel gegen diese Plagegeister und
kalkte daraufhin die ganze Stadt, weshalb noch heute aus Tradition jedes Jahr im Monat vor der Karwoche alle Häuser der Innenstadt weiß gestrichen werden müssen. Wer dies nicht macht, muss
zahlen, damit Maler bezahlt werden können. Es gibt aus der Zeit auch noch Kratzsteine an den Hausecken. Die ansonsten ja weiß getünchten verputzten Häuser haben in die Ecken der Hauswände
Natursteine eingearbeitet, denn wegen der Spinnen kratzten sich die Leute früher an den hellen Hauswänden, die dadurch ständig mit Blut besudelt waren. An den Kratzsteinen fiel dies nicht so auf.
Lecker!
Wir schauten in die Universität hinein, in der 17 spätere Präsidenten Kolumbiens, die aus Popoyán stammten, studiert hatten. Wir besuchten ein typisches Wohnhaus wohlhabender Familien im
Kolonialstil mit Patio (Innenhof), in dem ein Springbrunnen steht und wo die Fenster zur Straße allesamt davor Nischen hatten, wo auf der einen Seite die Tochter und auf der anderen Seite die
Mutter sitzen konnte um aufzupassen, welcher junge Mann die Tochter anspricht. Sie durften nur eintreten, wenn sie vorher einen Vertrag unterschrieben, die Tochter zu heiraten! Auch die
Schlafräume um den Innenhof waren so angeordnet, dass die Tochter erst durch die anderen Schlafräume musste, damit sie sich nicht fortschleichen konnte!
Wir besichtigten auch eine bekannte Brücke, die früher aus Holz war, bis sie unter der Last vieler Leute einst einstürzte. Daraufhin holte man einen italienischen und einen deutschen Ingenieur,
die die steinerne Brücke konstruierten. Die Ziegel bestehen nach italienischer Rezeptur aus (!) Eierschale, Ochsenblut, Zucker und Salz. Gerüchten zufolge sollte statt des Ochsenblutes das von
Sklaven verwandt worden sein, aber dies kommt zeitlich nicht hin.
Wir kehrten außerdem in ein bekanntes Café ein, das "Mora Castilla", und probierten typische hiesige Getränke sowie Kleinigkeiten zu essen.
Nachmittags war dann Ian schlecht, sodass er abends lieber nicht zum Essen mitkam und sich übergeben musste, während wir anderen in einem typischen Kolonialhaus mit Patio und Fensternischen unser Essen genossen. Auf dem Weg dahin tobte gerade ein Unwetter mit Starkregen und Gewitter, welches wir erst versucht hatten abzuwarten, aber der Hunger war zu groß, und so liefen wir durch die schon fast gefluteten Straßen zum Lokal. Es hörte erst auf, als wir schon fast aufgegessen hatten.