Am Mittwoch, dem 6.12., nach der kleinen Nikolausüberraschung in Flip Flops (die Kinder hatten alle Nikolaus vergessen!) nahmen wir bei einer ungewohnten Affenhitze (32°C) um halb zehn den Bus zum nahen Grenzort Sixaola, um in Panama auf eine Karibikinsel zu reisen. Der Bus fuhr eine ziemliche Schleife, sodass wir erst nach deutlich über einer Stunde ankamen. Sixaola war ein staubiges, nicht asphaltiertes Örtchen, das an eine ärmliche Westernstadt erinnerte, also ohne Gehwege, mit breiten Straßen (eher Plätzen) und Holzbauten mit Verandas und Balkonen. Nachdem wir erst unsere Ausreisesteuer an einem Schalter, der zu einen Bekleidungsgeschäft gehörte, bezahlt hatten, ließen wir woanders noch unsere Pässe abstempeln. Dort konnten wir leider nicht die Toiletten benutzen, da das Wasser nicht funktionierte. Als nächstes machten wir uns auf, den Rio Sixaola, den Grenzfluss, zu Fuß zu überqueren. Wir gingen über eine Behelfsbrücke, da gerade eine neue gebaut wurde, weil die alte zusammengebrochen war. Die Überreste waren zur panamaischen Seite hin noch zu bestaunen! Es war ulkig, zu Fuß in ein anderes Land und v.a. in eine andere Zeitzone zu gehen. In der Mitte des Flusses war es statt 11.15 Uhr auf einmal 12.15 Uhr! Am Brückenende kontrollierte ein netter panamaischer Grenzbeamter in voller Armeeuniform, der bestimmt ohne Ende schwitzte, unsere Pässe, bevor wir noch zu zwei Hütten mussten, einmal für Zollformulare und einmal für den Stempel. Zuletzt wurden in einer offenen Schalterhalle unsere Pässe kontrolliert unter Abnahme der Fingerabdrücke und Schießen eines Fotos. Anschließend wurden wir zu einem Shuttletaxi überredet von einem Typen, der sich schon vor der Brücke an unsere Fersen geheftet und uns durch die Grenzkontrolle gecoacht hatte. Wir hatten vom ersten Moment an geahnt, dass er ein Geschäft wittert, handelten ihn aber um mehr als die Hälfte runter. Ohne Shuttletaxi wäre es nur etwas billiger, aber mit ziemlicher Umsteigerei verbunden gewesen.
Wir durchquerten Changuinola, einen Ort inmitten von Bananenplantagen, denn hier sitzt tatsächlich die Zentrale der Chiriquí Land Company, des Produzenten der Chiquita Bananen! Die ursprüngliche
Firma war die supermächtige United Fruit Company, die jahrzehntelang aufgrund ihres Machtmonopols (Bananen waren DER Exportschlager) in diesen Ländern einen großen Einfluss auf die Politik hatte
und ihre Lobbyinteressen sehr rücksichtslos vertrat. So war sie auch an den politischen Krisen in Zentralamerika nicht unbeteiligt und wird im Lonely Planet-Reiseführer bei den historischen
Informationen zu fast jedem Land erwähnt! Auch bei der Führung in San José kam sie mit ihren Machenschaften mehrfach zur Sprache.
Wir durchquerten grüne Hügel mit Tropenwald oder Bananenplantagen und konnten öfter einen tollen Ausblick aufs Meer erhaschen, bevor wir in Almirante am Hafen ausstiegen. Der Hafen war winzig.
Die Gebäude mit den Schaltern, die das Ufer säumten und hinter denen die Piere ins Meer ragten, sahen wie kleine Bootsschuppen an einem See aus. Das Wasser war spiegelglatt, und gegenüber war
Ufer mit Grün und Pfahlbauten.
In einem mit anderen Touristen sowie Einheimischen voll besetzten Motorboot fuhren wir innerhalb einer halben Stunde zur Hauptinsel des Archipels Bocas del Toro, der Isla de Colón (=
Kolumbusinsel, denn Christoph Kolumbus hieß eigentlich Cristóbal Colón). Dabei passierten wir unablässig winzige und auch größere Inseln. Im Hauptort, der verwirrenderweise auch Bocas del Toro
heißt, aßen wir günstig und wie immer lecker in einem schedderigen einheimischen Lokal und holten Geld, da es auf unserer Insel keinen Geldautomaten geben würde. Anschließend setzten wir
innerhalb weniger Minuten extrem rasant und sehr holperig aufgrund hier schon stärkeren Wellengangs über zu unserer Insel Isla de Bastimentos. Romy hatte einen Heidenspaß an diesem Tempo und
Geholper und war unablässig am Gackern. Wir Erwachsenen waren jedoch froh, als es vorbei war.
Das Ufer des einzigen Ortes Old Banks war gesäumt von hölzernen Pfahlbauten. Dahinter führte ein Fußweg ca. 500m die Küste lang. Straßen und Autos gab es hier nicht.
Je weiter weg die Häuser von dem Ortszentrum mit Anlegesteg und kleinem Platz mit Sitzbänken lagen, desto mehr erweckten sie den Eindruck eines Slums. Fast überall waren Leute vor der Tür oder
auf Balkonen. Die ausschließlich schwarzen Bewohner lebten meist sehr einfach, ein Haufen Kinder spielte vor den teilweise auf Pfählen halb ins Wasser gebauten Häusern auf dem Weg oder im Sand
halb unterhalb der Häuser. Es wurden bei uns längst aus der Mode gekommene Sachen gespielt, z.B. mit selbstgemachten Holzbooten an einer Schnur, die durchs Wasser am Haus gezogen wurden, oder zu
mehreren Murmelspiele mit großer technischer Raffinesse. Sogar Jugendliche spielten mit. Ab und zu lag dazwischen ein einfach wirkendes Hostel, Restaurant oder rummeliger kleiner Supermarkt im
selben Baustil.
Unser Hostel "Dreamcatcher" lag vielleicht 150m östlich des Anlegers entfernt und wurde von einem freakigen jungen Pärchen betrieben, die beide unheimlich nett waren und wieder mal, wie ja fast
alle hier, die Ruhe weg hatten. Sie schienen in Old Banks die einzigen nichtschwarzen oder -chinesischen Bewohner zu sein. (Die Supermärkte waren in chinesischer Hand.) Das Hostelrestaurant bot
überwiegend vegetarische und vegane Speisen an. Die einfache Bauweise des Hostels aus rohen Brettern und Latten bemalt mit bunter Farbe, die Einrichtung und Deko ergaben eine hippiemäßige
Atmosphäre und war wirklich nett. Was jedoch etwas anstrengend war, war die Tatsache, dass die Betreiber ständig das Wasser abstellten. Und zwar nicht nur zur Nacht ab 22 Uhr, wie wir erst am
ersten Abend vermuteten, als auf einmal Zoe beim Zähneputzen kein Wasser mehr aus dem Hahn bekam, sondern auch ständig tagsüber. Im Grunde mussten wir fast immer, wenn wir Wasser brauchten, das
Pärchen bitten, das Wasser anzustellen. Das Problem war wohl, dass das Leitungswasser in einer Zisterne gesammeltes Regenwasser war und Wasserknappheit herrschte. Auf der Insel gab es
offensichtlich kein fließendes Wasser. Bei vielen Häusern sahen wir Zisternen hinter dem Haus. Es regnete trotzdem während der drei Tage dort mindestens dreimal ordentlich, allerdings bis auf ein
Mal zum Glück nachts.
Am Donnerstag hatte Ian Geburtstag. Da wir schmales Gepäck haben, bekam er von uns bloß ein T-Shirt, welches er in Puerto Viejo toll fand, sowie von Romy eine Papierkrone und drei Bilder. Zuerst verbrachten wir einige Stunden am "Wizard Beach", einem recht einsamen, obwohl dem Ort am nächsten gelegenen, Strand, der nur zu Fuß auf einem oft ziemlich matschigen und rutschigen, z.T. auch steilen Pfad durch Tropenwald in ca. 20 Minuten zu erreichen ist. Dort am Strand gibt es starke Wellen und gefährliche Brandungsrückströmung. Die gibt es in Zentralamerika recht häufig, angeblich auch in unserem letzten Ort Puerto Viejo, weshalb jährlich hunderte Menschen ertrinken, selbst starke Männer, wenn sie nur hüfttief im Wasser waren. Deshalb waren wir vorsichtig und gingen nicht weit ins Wasser. Einen Strand weiter, hinter einer dicht bewaldeten Landzunge, liegt der Red Frog Beach, benannt nach seltenen, nur auf dieser Insel endemischen roten Fröschen, die es hier früher haufenweise gab. Den Strand erreicht man besser per Boot.
Auf dem Rückweg machten wir einen spontanen Abstecher ins "Up in the hill-Café", welches auch mitten im Tropenwald liegt. Dazu muss man einfach auf dem Rückweg nach einer Weile rechts statt geradeaus weitergehen und bunten Plastikblumen an den Bäumen folgen. Da wir sowieso wegen des Geburtstags Kuchen essen wollten und es im Ort anscheinend weder Café noch Bäcker gab, kam uns das sehr entgegen. Der Weg dorthin war noch etwas abenteuerlicher und unwegsamer als der zum Strand, und wir hörten merkwürdige kollernde-glucksende Geräusche irgendwelcher Tiere und sahen sogar Affen hoch oben in den Bäumen herumklettern. Ian sah zumindest die sich bewegenden Blätter und hörte das Rascheln. Im vollbiologischen Café mit angeschlossener Kakaofam bediente eine Schottin, deren drei Söhne (12, 9 und 6) dort mitten in der Pampa aufwachsen und von ihren Eltern selber unterrichtet werden. Wir sahen die zwei jüngeren draußen sogar mit Kindermacheten spielen. Es gab dort für die Gäste nur ein Plumpsklo um die Ecke und eine Regentonne mit Wasserhahn zum Händewaschen.
An dieser Tonne saß ein kleiner hübscher orangeroter Frosch mit schwarzen Punkten und hüpfte erst nach einer ganzen Weile weg. Es war tatsächlich ein Red Frog, wie wir später nachgoogleten.
Wir aßen leckere Brownies und Bananenkuchen (ist in diesen Ländern verbreitet) und kehrten gestärkt und klebrig von Meerwasser, Sand und Schweiß ins Hostel zurück.
Am nächsten Tag regnete es während des Frühstücks ziemlich stark. Die hosteleigenen Papageien verzogen sich gleich von ihrem Sitz unterhalb des Dachüberstands unter ein Tischchen, weil es ihnen wohl nicht behagte. Da wir wie jedesmal hier im Hostel sehr lange auf unser Essen warten mussten und nun auch noch ein etwas längerer Stromausfall dazukam, hatte sich das Wetter jedoch schon beruhigt, als wir endlich fertig waren. Wir fuhren kurzentschlossen ohne die Kinder zur Hauptinsel, um Bustickets für morgen nach Panama City zu kaufen und die Abfahrtszeiten zu erfragen. Anschließend gingen wir nochmals an den Strand von gestern. Die Wellen waren diesmal noch stärker. Die Hostelbesitzer hatten uns Schnorchelausrüstungen geliehen, aber bei dem Wellengang probierten wir es gar nicht erst aus. Romy hatte auch so ihren Spaß und kam die ganze Zeit nicht aus dem Wasser. Nur einmal kurz musste sie mit Zoe eine Kokosnuss aus dem Meer einpflanzen, die schon ausgetrieben hatte.