Am nächsten Tag (Donnerstag, der 9.11.) fuhren wir um 12 Uhr per Shuttle weiter nach Nicaragua. Das bedeutete, dass wir einen Zipfel von Honduras passieren mussten. Das Land gilt als sehr
gefährlich, weshalb wir es auf unserer Reise aussparen wollten. Gerade nachts sollte man aufgrund von Wegelagerei nicht unterwegs sein, und mit unserem Berg von vierzehn Rucksäcken auf dem Dach
boten wir ein potenzielles Ziel. Die Fahrt bis León in Nicaragua war bis 20.30 Uhr veranschlagt, obwohl es von unserem Badeort aus nur ca. 150 km sein sollten. Die beiden Grenzübertritte kosteten
eben viel Zeit, und mit Pausen und teils schlechten Straßen (gerade auf dem letzten Drittel in Honduras war die Straße voll tiefer Schlaglöcher) dauert es nun mal lange.
Wir waren leider recht spät dran, sodass wir bei einbrechender Dunkelheit gegen 17.30 Uhr Honduras gerade mal halb durchquert hatten. Um 19.45 Uhr gelangten wir endlich unbeschadet an die Grenze
zu Nicaragua und wurden zunächst wie an jeder Grenze zuerst beim Ausreisen und einige hundert Meter später beim Einreisen kontrolliert. Die nicaraguanischen Grenzbeamten nahmen es aber besonders
genau, und so mussten wir alle nochmals aussteigen, die in einer wahren Doktorarbeit auf dem Dach verschnürten Rucksäcke allesamt entladen und durchleuchten lassen, bevor sie uns weitere fünfzehn
Minuten später endlich unsere Pässe aushändigten. So fuhren wir nach 70 Minuten weiter. In Nicaragua war die Straße jedoch ein Traum, wie eine nagelneue deutsche leere Autobahn, und wir kamen
schnell voran. Trotzdem erreichten wir León erst um 22.45 Uhr. Da wir uns auf keinen Fall nachts zu Fuß auf Hostelsuche begeben sollten, fragten wir gleich im allerersten Hostel, das unser Bus
für Mitreisende ansteuerte, nach freien Zimmern und ergatterten noch fünf Dormbetten (Das erste Mal im Dorm!), allerdings wurden wir auf zwei Dorms verteilt. Wir bekamen nur vier Plätze in einem
Sechserdorm, Nils musste sich deshalb einen Viererdorm mit drei anderen Frauen teilen, die zum Glück schon schliefen. Die beiden jungen Australierinnen aus dem Sechserdorm gingen erst um 3.00 Uhr
schlafen und nahmen dabei keinerlei Rücksicht, was wir völlig unkommentiert ließen. Jedoch wurde der um 7.30 Uhr flüsternde Ian sofort mit einem aggressiven "Pscht!" angezischt.
So suchten wir uns gleich für die weiteren Nächte ein Hostel in einem alten Haus im Kolonialstil, sogar mit Minipool im malerischen Innenhof. Dort belegten wir einen Fünferdorm mit Bad für uns alleine (manchmal hat es eben auch Vorteile, als Familie zu reisen) und bezahlten fast so wenig wie in dem vorigen unkomfortableren Hostel.
Freitag und Samstag liefen wir nur etwas in der hübschen Kolonialstadt (und ehemaligen Hauptstadt) rum und genossen den Innenhof bzw. den Pool. León hat nicht nur aufgrund der vielen Backpacker und Studenten ein junges Flair. Es nennt sich auch Hauptstadt der Revolution, und in einigen Ecken fühlt man sich an das Schanzenviertel erinnert mit Parolen (z.B. Adelante Comandante = Vorwärts, Kommandant) und Gesichtern von Revolutionsführern an den Wänden und an Bannern über den Straßen. Ein Gebäude schien in etwa das Pendant zur Roten Flora zu sein. Es mangelte auch nicht an Denkmälern zu dem Thema.
Am Sonntag erlebten wir eine geführte Tour der besonderen Art: Wir machten Sandboarding einen aktiven Vulkan hinunter. Nachdem wir per Geländewagen ein Stück hochgebracht wurden, wanderten wir eine Stunde auf den 726m hohen Gipfel des Cerro Negro, der zuletzt 1999 ausgebrochen ist. Dort konnten wir in den sogar an einer Stelle etwas rauchenden Krater schauen. Der Boden war am Kraterrand sehr heiß, sobald man etwas Geröll beiseite scharrte. Nachdem wir uns dort umgeschaut und die atemberaubende Aussicht genossen hatten, hüllten wir uns in grüne Schutzkleidung und fuhren anschließend auf speziellen Schlitten den Geröllhang hinunter. Es war nicht besonders schnell oder steil, sodass man oben keine Angst haben musste. Trotzdem machte es Spaß und staubte außerdem gewaltig.
Am Montag fuhren wir zu einem Strand, der 20 km westlich von León am Pazifik liegt. Die Mädchen blieben im Hostel am Pool, da sie keine Lust auf Strand hatten (!). Dabei verpassten sie eine kurze Busfahrt innerhalb Leóns der besonderen Art: Der Bus war nicht größer als ein VW-Bus und quasi ein motorisierter Planwagen (Zweitakter) mit zwei Bänken rechts und links. Hinten stieg man auf eine Plattform auf und der Bus fuhr in rasantem Tempo weiter, kaum dass man richtig stand. Er quoll vor Passagieren über (sechzehn saßen, ca. zehn standen), sodass Ian und Nils die Fahrt auf der Plattform verbringen mussten. Nils wurde glücklicherweise von dem kassierenden Begleiter einmal festgehalten, sonst wäre er wohl runtergesegelt.
Am Strand machten sich streunende Hunde über das Picknick unserer Nachbarn her, während die sich im Wasser vergnügten. Wir haben es leider zu spät bemerkt. Die jungen Leute werden sich gefreut haben, als sie das Malheur bemerkten. Wir waren da schon weg. Für die Hunde war es sicherlich ein Festmahl! Die letzte Chipstüte wurde gerade vertilgt, als wir den Strand verließen.
Am nächsten Tag machten wir uns auf nach Granada.